Rambazamba mit Rembetiko

Madame lebte gefährlich. Während die Super-Reporterin unverdrossen auf eine Herde von Pumas mit Pudelfrisur zulief, um diese Eiderstedter Besonderheit vor die Linse zu kriegen, gab ich in einem fort Warnungen ab.

Doch außer mir schien das niemanden zu interessieren. Monsieur saß unbeteiligt in der Blechhöhle und döste vor sich hin. Auch der kleine Pupser muckste nicht auf, Autofahren lag ihm generell nicht so. Doch jetzt mussten wir schnell handeln, bevor ein Unglück passierte: „Hier spricht die Polizei!“

Glücklicherweise kam meine Teure unversehrt zurück. Während ich mich immer noch aufregte, meinte sie, mich belehren zu müssen: Das wären Alpakas, normalerweise im fernen Südamerika vorzufinden und völlig harmlos.

Ja, Himmelschafundmeer! Wenn diese Riesen-Pudel hier sonst nicht lebten, konnte noch nicht mal ein Forscherlutscher erahnen, wie sie sich unter nordfriesischen Verhältnissen entwickelten! Was der Sturm in ihren Gemütern bewegte!

Man sollte sich zum Vergleich nur mal den kleinen Saubraten an meiner Seite anschauen, der wurde schließlich auch von Tag zu Tag dreister und unberechenbarer. Es war zum Pferdeäpfelpürieren.

Julchen präsentiert ihr St. Buddel

Dann kam der große Tag: Ich fühlte mich wie eine Schneekönigin, als ich Janni zum ersten Mal mein St. Buddel präsentieren durfte. Was für ein Spektakel! Durch den Wind hatte das Meer seine Spuren in der Sandwüste hinterlassen – überall glitzerten die Wasserpfützen in der Sonne.

Und wie reagierte der kleine Pupser? Erhobenen Hauptes trippelte er durch eine ihm gänzlich unbekannte Landschaft. Mit dieser lässigen Alles-cool-Attitüde. Während ihm der Wind kräftig am Fell zupfte, seine zarte Plüschmatte in alle Richtungen zerrte.

Janni lief durch die Meerespfützenlandschaft, als wäre er hier geboren. Mit einem Mal freute mich wie eine Irre. In der mir typischen Überflieger-Art stürmte ich auf ihn zu, was ihn völlig aus der Bahn warf. Manche schreien, andere machen einen Salto – ich hob eben vor Begeisterung ab!

Julchen wird am Strand zur Überfliegerin

Allerdings verhedderte ich mich in Jannis Lenkdrachen-Leine. Das Ding kannte ich noch ganz gut aus meinen eigenen Lehrjahren. Es war ziemlich flexibel und ging hoch in die Luft, wenn es nur windig genug war. Am Meer also meistens.

Aber was taten Madame et Monsieur da? Sie ließen das Baby frei laufen? Ich konnte mich nicht erinnern, dass sie es mir bei meinem ersten Strandabenteuer gestattet hatten. Absolut nicht. Auch wenn der Neid an mir nagte: Wenigstens konnte man nun ungehindert mit dem Lütten spielen.

Irgendwann musste ich dem kleinen Pupser natürlich die wichtigste Nebenbeschäftigung der Welt beibringen: Buddeln. Ich musste ihm zeigen, wie man auf dem schnellsten Weg nach Neuseeland kam. Nur mit der Kraft der eigenen vier Pfoten! Und der von mir optimierten, ausgefeilten Technik.

Der kleine Pupser scheint das Watt zu mögen.

Vielleicht sollte ich darauf ein Patent anmelden: die Schaufel-dich-durch-den-Planeten-Methode®. Im Garten hatte Janni schon mit dem Graben begonnen, was ihn natürlich für eine professionelle Ausbildung prädestinierte.

Auch musste mein Mündel schnell auf Lokal-Linie gebracht werden, bevor Madame et Monsieur vom Fleisch fielen. Nach den ersten Café-Besuchen hatte sich der kleine Pupser für etwas Größeres qualifiziert. Bislang hatte er nur Titis, schwarz gekleidete Männer und ein paar TV-Lutscher angebellt.

Es war an der Zeit, ein Restaurant mit unserer plüschigen Anwesenheit zu beehren. Also führte ich mein Rudel zum Griechen. Von Ouzo-Schwaden und Rembetiko-Klängen umnebelt, drehte Janni so richtig auf.

Er dachte tatsächlich, dass eines der beiden Knabberöhrchen, die Madame auf den Boden gelegt hatte, für ihn bestimmt wäre! Was hier und woanders für wen bestimmt war, legte immer noch Jannis erklärte Chefin fest. Also ich.

Monsieur als Retter in der Not!

Aus erzieherischen Maßnahmen nahm ich beide Dinger an mich. Doch so schnell gab der Lütte nicht auf. Klar, die Öhrchen rochen ja auch recht appetitlich. Also schlich er sich an…

„Ja, bin ich denn blind und taub oder vor die Pumpe gerast? Weg da, kleiner Pupser! Du darfst mir zugucken! Mindestabstand: zwei Meter fünfzig!“ Aus rein pädagogischen Gründen kam ich nicht umhin, die Lautstärke etwas hochzudrehen.

Was Madame et Monsieur nicht gerade in helle Begeisterung versetzte. Sie erwägten kurz, mich aus dem Gartenlokal zu entfernen, als ich Ton und Taktik abrupt änderte.

Hummeln zeichnen sich durch ihre schnelle Auffassungsgabe und Flexibilität aus. Plötzlich erregte ein schneeweißes Ding meine Aufmerksamkeit und lenkte mich von dem aktuellen Familiendrama ab.

So hat Julchen Janni am liebsten: am Boden, unter sich.

Es stand einfach so herum, unbeweglich, leicht gedreht, mit fast unverhüllter Lutschernacktheit. In welcher Ecke dieser Erde trug man denn Pflanzen auf dem werten Körper?

Monsieur klärte mich auf, dass es sich hier vermutlich um eine klassizistische Gipsstatue handelte, ein Phänomen, das vor allem in griechischen Restaurants anzutreffen sei.

Ich sah das Schneemonster an und dachte nach. Falls Monsieur irgendwann ein Stück Klassizismus in unserem Garten aufstellte, weil er dort hin und wieder restaurantähnliche Zustände durch das Grillen von Biftekia, Souzoukia und Souflakia herbeiführte, wollte ich ein Auge zudrücken.

Doch garantieren konnte ich für nichts. Der Garten war mein Observierungsgebiet, und die Polizei musste dort auch mal flitzen können. Alles, was im Weg stand, fiel der Verderbnis anheim. Besonders leicht Gebautes.

Alles weitere musste ich mit meiner Psychoanalytikerin Mademoiselle Julie besprechen. Der kleine Pupser besaß das Gedächtnis eines Goldfischs, was mir die Sache nicht eben leicht machte. Gerade noch hatte ich ihn scharf zurechtgewiesen, im nächsten Moment startete er einen neuen Versuch des Widerstands.

Vielleicht sollte er sich der Occupy-Bewegung anschließen. Ich konnte einen Deal mit den Wollknäueln verhandeln, insofern sie mich im nächsten Frühjahr zu ihrer Lammkönigin der Herzen machten…

Text: Julchen (nach Diktat einen Tisch für Vier beim nächsten Grillabend reserviert)

Fotos: Elke Weiler

6 thoughts on “Rambazamba mit Rembetiko

  1. Hallo Julchen,

    sehr schöner Wasserrand Bericht. Allerdings ist die wichtigste Tätigkeit am Strand nicht Buddeln, sondern eine die alle Madames und Monsieurs der Welt spätestens beim zweiten Mal in aller hellste Aufregung versetzt!

    Strandkrabben lebend finden, knacken ohne gezwackt zu werden und auslutschen – extrem lecker ;-)

    Leider führt dieser absolute Genuss besonders in großen Mengen zu leichten Verdauungsproblemen.
    Mit Kenntniss des Problemes bringt es aber eben jene Madames et Monsieurs am Strand in enorme Bewegung – sehr lustig, wenn sie versuchen einen gestandenen Vierbeiner einzufangen :-)))

    Bei Gelegenheit zeige ich Dir mal wie es geht…

    Wau
    Bella

  2. Das sind aber 2 Süsse, sieht immer zu niedlich aus, wenn der Wind das Fell so Rumwuscheln lässt, erinnert mich ein bisschen an meine Dame (Schottischer Terrier). Hoffe nur, dass sich eure nicht so oft in dem nassen Sand wälzen wie meine süsse;)

    LG

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