Das wunderbare Watt

Gestern war der Tag. Wärmer als vorhergesagt, schöner als erwartet, besser als der Frühling. Alle haben es getan. Und auch ich, zum ersten Mal in diesem Jahr. Was für ein Gefühl, was für ein Glück.

Nach dem Fluch des Aprils, der uns scheinbar gezielt ausgewählt hat, und unserer Umsiedlung nach Nordstrand zieht es uns nun beinah täglich an den Strand von Fuhlehörn. Auf der Fast-noch-Insel Nordstrand ist alles gleich und alles anders als auf der gegenüberliegenden Seite der Husumer Bucht. Die Ruhe, nur unterbrochen von Wind, Vögeln und röhrenden Rehen am Abend, tut uns gut.

Nordstrand bildete einst gemeinsam mit Pellworm die größte Insel der Husumer Bucht. Zwischen der Hallig Südfall und Fuhlehörn liegt das in der Sturmflut untergegangene Rungholt. Was ich bald tun möchte, ist eine Kutschfahrt oder geführte Wattwanderung zur Hallig zu machen, die über Rungholt geht. Zwar ist alles mit Schlick überdeckt, doch sind vielleicht Spuren der Vergangenheit zu finden.

Muscheln
Wattbewohner

Gestern war ich ungeführt im Watt unterwegs und das auch nur bis zum nächsten Priel. Wer weiter hinausläuft, muss vorsichtig sein. Bei auflaufender Flut schwellen die Priele schnell an, manche werden unpassierbar. Am besten geht man bei einsetzender Ebbe hinaus, dem sich zurückziehenden Meer hinterher.

Im Mai ist schon ein bisschen mehr los in Fuhlehörn, wenn auch nicht viel. Kinder schaukeln, spielen im Sand, Hunde rasen auf dem abgegrenzten Hundestrand den Deich rauf und runter. Gleichzeitig ist der Auslauf auch Treffpunkt, ein Ort des Austauschs für Vier- und Zweibeiner. Man kommt ins Gespräch, während die Hunde sich jagen oder die Gadgets klauen.

Wir verabschieden uns von den Anderen, es zieht mich ins wunderbare Watt – an diesem windstillen und frühlingswarmen Tag. Der große Moment. Ich ziehe Schuhe und Strümpfe gleich am Anfang des Strandes aus, lasse alles stehen und liegen. Janni ist neugierig, er schnuppert verwundert an den Schuhen, an den nackten Füßen, es kitzelt ein bisschen.

Ballett der Strandkörbe
Ballett der Strandkörbe

Der weiche Sand unter den Sohlen, das angewärmte Wasser der Pfützen, die das Meer hinterlassen hat. Zum ersten Mal barfuß durchs Watt ist wie zum ersten Mal schwimmen im Jahr, ist wie der erste intensive Duft der See nach dem Winter. Wie der Geruch von Regen an Sommertagen, von frisch geschnittenem Gras.

Frühling, Sommer und Herbst, Jahreszeiten für alle Sinne. Winter war die Zeit der Stille, vor allem wenn Schnee die Geräusche schluckt, was für eine Stille. Im gerade vergangenen Winter habe ich kein einziges Mal das Meer zu Eis erstarren sehen. Es ist vorbei, das Warten. Jetzt gehört das Watt auch wieder uns, nicht nur den Wattwürmern, Schnecken, Muscheln.

Und ich habe viele Pläne: Wattwandern nach Südfall, mehr über Rungholt erfahren, mit dem Schiff nach Pellworm übersetzen, hier und dort ganz viel Radfahren – denn diese beiden Inseln sind wie geschaffen dafür. Als ob die Uhren hier anders tickten, die Zeit im Takt des rhythmischen Grasens der Schafe auf den Deichen vergeht.

Drama über Nordstrand
Drama über Nordstrand

Text und Fotos: Elke Weiler

11 thoughts on “Das wunderbare Watt

  1. Sag mal, Elke, verstehe ich das richtig: Bei Euch hat´s gebrannt? Und jetzt lebt Ihr auf Nordstrand? Oder habe ich da jetzt zu dramatische Vorstellungen? Wie auch immer: Ich hoffe, es geht Euch gut!?

    Beruhigend hörst sich ja schon mal an, dass Du das Watt genossen hast. Klingt so schön nach Ruhe. Und steigert meine Vorfreude auf das Wochenende mit einer Freundin auf Nordstrand im Juni. Noch können wir uns nicht entscheiden, ob wir lieber einen Ausflug nach Südfall machen oder nach Pellworm. Aber vielleicht hab ich bis dahin ja schon Input von Deinen Ausflügen…

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Stefanie

    1. Hallo liebe Stefanie, das hast du richtig verstanden. Und ja, Nordstrand tut uns richtig gut nach dem Schock! Es wird auch noch eine Weile dauern, bis wir zurück können, sieht alles nicht gut aus zur Zeit. Aber wir sind alle ok. An welchem Wochenende kommt ihr denn? Ich bin fast den ganzen Juni in Skandinavien, mein Roadtrip-Projekt #scandi43 mit Hund und Ente. Sonst hätten wir gemeinsam wattwandern können. :-) Ich hoffe, bis dahin noch eine Radtour quer über Pellworm zu schaffen. Und/oder Südfall. Kennt ihr euch auf Nordstrand aus? Liebe Grüße und euch auch ein schönes Wochenende!! Elke

  2. Schöne Aufnahmen und tolle Einblicke. In der Schweiz ist nicht viel mit Watt bzw. Wattwanderungen. Soll aber ein tolles Erlebnis sein, wenn das Meer plötzlich nicht mehr da ist und man dort spazieren kann, wo vorher und auch später das Meer ist.

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