Das Leben, eine Hummelwiese

Manchmal kam es knüppeldick.

Madame et Monsieur verrichteten schweißtreibende Arbeiten, um meinen Outdoorbereich zu verschönern. Um nicht tagträumerisch durch die Gegend zu wandeln wie gewisse Katertiere, übernahm ich gewohnheitsgemäß die Verkehrregelung. Nach eigenen, strengen Maßstäben.

Irgendwie musste man sich ja auf andere Gedanken bringen, denn wir hatten einen Trauerfall in der Familie. Rennplüsch Pepe war in die ewigen Jagdgründe gegangen. Mit einer sehr präzisen Vorstellung von seiner Zukunft: Er wollte im nächsten Leben als Pferd mit ewig langen Beinen über die Fennen galoppieren.

Ich fand ja, dass die Rennplüsche trotz Kurzbeinigkeit und Kartoffelform verdammt schnell flitzen konnten. Wozu also etwas ändern? Geschwindigkeit war nun mal eines der essentiellen Dinge im Leben. Als Filmproduzenten mussten sie sich eh keinen Deut verbessern, außer dass Rennplüsch Media vielleicht etwas mehr Filme produzieren könnte.

Aber sonst mochte ich die Fummelchen, so wie sie waren. Eines weniger im Gehege verstieß natürlich gegen alle Regeln des Hütekodexes. Aber man konnte ja beizeiten noch eines einstellen, oder?

Das Glück liegt auf der Wiese

Das Leben war kurz, und es gab alle Pfoten voll zu tun. Ich sah in eine Regenpfütze und entdeckte einen Plüschomat mit klarem Blick, Verstand und pinkem Propeller. War ich nur ich oder auch meine Psychoanalytikerin Mademoiselle Julie?

Flummisprünge durchs hohe Gras ließen mich die Leichtigkeit des Augenblicks spüren: Das Leben war eine Hummelwiese. Die fleißigen Tierchen summten und brummten, kamen und gingen. Doch sie hinterließen ihren Stempel.

Ich fühlte mich mit einem Mal erwachsen. Bald würde ich Verantwortung für ein neues Rudelmitglied übernehmen, und in Anbetracht des Ernstes der Lage überkam mich die Lust auf Sahne, Eis und Waffeln. Auch mein Rudel benötigte dringend eine Stärkung, also führte ich sie in das nette Café einer Namensvetterin in St. Buddel-Dorf. Während einer kleinen Siesta unter Madames bunter Beingardine ließ ich meinen Gedanken zum Gestern und Morgen, Pepe und Janni freien Lauf.

Philosophieren unter der Beingardine

Als wir kurz darauf ein paar wirklich coole Typen auf der Dorfstraße trafen, konnte ich gegen meine Gewohnheit nicht so recht in Flirtstimmung kommen. Dabei sahen Louis und Sammy aus dem Ruhrpott wirklich umwerfend aus.

Wenn sich nur dieser lautstarke Snobs aus der Sache heraushalten würde! Angeblich war es die Art des Havis, hübschen Frauen seine Aufwartung zu machen, doch für meine Begriffe fehlten Melodie und Rhythmus.

Sowieso traute ich nur den Kerlen, die wirklich Tango drauf hatten. Und dafür bekamen die Jungs und ich nun leider keine Gelegenheit. Aber vielleicht traf man sich mal wieder im schönen St. Buddel, das sich langsam zur Plüsch-Hochburg entwickelte. Erst mal wollten die Hübschen weiter nach Dänemark.

Plüsch-Meeting in St. Buddel

Ich empfahl ihnen den Wahnsinns-Beach von Rømø, den ich mit Erinnerungen an einen lustigen Sippentreff verband. Apropos: Die Hummelfamilie erwartete uns. Vor allem der kleine Pupser…

Er schien sich ziemlich über mein Erscheinen zu freuen und himmelte mich wie üblich an. Na ja, ein bisschen schmeichelte mir das schon. Solange er mich nicht für einen hellen Klon von Mama Hazel hielt, war alles gut.

Gemeinsam mit den anderen aufgeregten Mini-Hummeln und der lässigen Chrissie tollten wir über die Wiesen. Auch Freddy, Mama Erna und viele andere waren später mit von der Partie. Ich genoss die familiäre Atmosphäre und fand Janni gar nicht mehr soooo schlimm.

Mal so richtig herumhummeln!

Für meinen Geschmack betüddelten Madame et Monsieur ihn aber eine Spur zu viel. Wenn er später mal ein Weichei wurde… Ich wusch meine Pfoten in Unschuld.

Außerdem beobachtete ich seine besondere Gabe für Gartengestaltung. Königinmutti war nicht direkt begeistert von Jannis‘ Rosenexpertise, doch der Riesenwelpe schien die grüne Pfote zu haben.

Wenn der kleine Pupser also nicht gerade die Einkäufe erledigte, konnte er sich im Outdoorbereich nützlich machen. Ich muss zugeben: Ein bisschen freute ich mich schon auf die neue Hilfskraft.

Als wir mein Geburtshaus wieder verließen, sah Janni uns hinterher. „Wann nehmt ihr mich mit?“, schien er sagen. Mit seinen dunklen Augen. Wer hatte ihm diesen Hang zum Drama beigebracht?

Es war so sicher wie Schafsköddel auf dem Deich: Alle Lutscher würden darauf hereinfallen. Zeitnah.

Ok, Janni! Trotz allem werde ich einen Antrag auf ein beschleunigtes Einreiseverfahren stellen. Schließlich ist neun eine krumme Zahl, und wir wollen möglichst bald wieder zu zehnt sein.

Text: Julchen (nach Diktat einen kleinen Wellnessurlaub gebucht)
Fotos: Elke Weiler

4 thoughts on “Das Leben, eine Hummelwiese

  1. Bravo! Ist das mal toll geschrieben. Ich komm nochmal vorbei, um es zu geniessen! Jetzt muss “ meiner“ erst mal über die wiesen flitzen!

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