Der neue Jahr begann, wie das alte endete: Ich hatte alle Pfoten voll zu tun.
Mats war eine Vollkatastrophe. Ein Tsunami ungeahnten Ausmaßes. Der politische Super-GAU. Mats war unser neuer Mitbewohner. Und er benötigte eine 24-Stunden-Rundumbetreuung.
Dieser Kater hatte nämlich null Ahnung von nichts. Zwar war er kein Baby mehr, doch immer noch relativ jung. Und so flexibel, dass er unter jedes Sofa, jeden Schrank und in jede Lücke entwischen konnte. Unerlaubterweise entzog er sich damit meinem Zugriff. Wie mich das auf die Palme brachte! Fuchsteufelswild machte!
Stundenlang harrte ich aus – mit moderner Observierungstechnik ausgestattet. Auch meine neue Geheimwaffe, der Samurai-Zopf, kam zum Einsatz. Doch Mats bleib unerschütterlich – er brach alle Regeln und alle Tabus. So enterte er mir nichts, dir nichts unsere Spieskommer und das Bad. Ich natürlich immer hinterher, Madame et Monsieur not amused. Chaos. Wie sollte ich die Sache in den Griff kriegen?
War die eine Baustelle behoben, tat sich der nächste Abgrund auf… Mats lief einfach über den Esstisch oder tapste mit leisen Samtpfoten über Madames heiligen Schreibtisch!
Als ich ihr meinen Artikel diktieren wollte, latschte er frechweg über die Tastatur. Ein klarer Fall von Sabotage! Als er sich dann auch noch auf Madames Schoß ausbreitete, um sein Morgennickerchen zu halten, wusste ich, dass die Lage ernst war. Bierernst.
Nein, ich war nicht eifersüchtig. Doch diese Vollkatastrophe auf vier Pfoten hatte ihre schärfste Waffe eingeschaltet, den sogenannten Brummmodus, der augenblicklich alle Lutscher paralysierte.
Wie sollte meine neue Story so zustande kommen? Ich musste aufrüsten, eine Nahkampfausbildung machen. Einfach nur Stupsen, Knutschen und Tapsen reichte bei Super-Mats nicht aus. Meine eindeutige Sprache wollte er nicht verstehen. Stattdessen streckte er sich lang, immer länger und blockierte beide Arme von Madame. Himmelschafundmeer!
Mir blieb nur ein Ausweg: Emil. Doch beim Dirty Dancing auf dem Deich vergaß ich völlig, ihm von meinen akuten Problemen zu erzählen. Unsere Dates waren die pure Entspannung, Wellness am Meer für alle Sinne.
Wenn ich sein hübsches Gebiss sah und spürte, vergaß ich alles um mich herum. Wir wälzten uns mich im feuchten Gras, bis der Wetlook komplett war, schlürften cheek to cheek aus salzigen Pfützen und stöberten gefiederte Mahlzeiten auf, die wir dann nicht anrühren durften.
Inzwischen war ich so schnell, dass mein Verlobter es nicht schaffte, mich durch gezieltes Schwanzzwicken zu foulen. Wir planten unsere Grönlandreise für den Sommer, und ich vergaß meine Probleme mit Job und Rudel.
Es waren Minuten des vollkommenen Glücks neben Emil. Relaxt und guter Dinge kehrte ich an meinen Arbeitsplatz zurück. Aber noch mal Himmelschafundmeer! Madame et Monsieur dinierten außer Haus, und die ganze Verantwortung blieb an mir hängen…
Immerhin versprachen sie mir, dass wir uns sehr bald mit Schwesterchen Alma treffen würden, dem schnellsten Hund Nordfrieslands. Vielleicht würden wir sogar nach Dänemark fahren!
In diesem Fall war mir sonnenklar: Es gab jemanden, der tierisch neidisch werden würde. Kolumnenkollege Luis, das Rastaschaf mit Auslandslizenz. Er liebte Strände, und natürlich würde ich ihm später brühwarm erzählen, wie Alma und ich…
Aber wieso blieb Luis so cool? Und warum verstand er sich gut mit Mats? So wie all die Anderen auch?
Mister Katerchen wickelte scheinbar jeden geschickt um die Pfote. Mit diesem Silberblick! Als professionelles Kuschelmonster war er unübertroffen und kriegte sämtliche Lutscher und Plüschtiere herum. Selbst ich mochte ihn. Ein bisschen.
Ich musste nachdenken. Ich brauchte etwas Abwechslung, eine Reise, eine andere Umgebung…
Aber ich musste den Kater in der Kate observieren! Rund um die Uhr!
Text: Julchen (nach Diktat eine Spezialausbildung bei der CIA beantragt)
Fotos: Elke Weiler
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