Ein Schaf in Frankreich
As time goes by… Jetzt arbeite ich schon fast zwei Jahre für Meerblog, my friends. Zwei pralle Jahre voller Abenteuer und Fun. Ok, es gab auch brenzlige Situationen, wilde Tiere und harte Stunts. Aber ich habe versucht, cool zu bleiben. Oft hat mir ein Lied von Bob dabei geholfen – ihr erinnert euch an die Story mit dem Skipperhund auf Samsø?
Zur Zeit geht es mal wieder drunter und drüber. Kaum bin ich aus Frankreich zurück, steht auch schon der nächste Trip an: Italien. Ich soll mir Paläste von außen angucken, in Genua. Lieber wären mir ja rauchige Hafenspelunken von innen…
Aber nun zu meiner french story, die mir unter den Klauen brennt. Es war mein erstes Mal in Frankreich, und ich verstand echt null. Glücklicherweise konnte die Chefin alles regeln, jedenfalls kamen meine Bestellungen immer korrekt an.
Als Veganer war es nicht leicht in einem Land, wo Gott dem Hörensagen nach regelmäßig und üppig speiste. Für meine Begriffe wurde Essen ja überbewertet. Letztendlich diente die Nahrungsaufnahme doch dem nackten Überleben.
La Rochelle – the place to be
Frankreich galt nicht nur wegen seines berühmtesten Gastes als hochzivilisiert. In diesem Entwicklungsstadium schien sich alles um Genuss zu drehen. Eine Auster hier, ein Glässchen Pineau dort. A place to be, dieses La Rochelle an der Atlantikküste.
Nach und nach erfuhr ich, dass die Musikszene sehr gut entwickelt war, und Frankreich musikalisch von seinem multikulturellen Mix profitierte, auch bei den Reggaebands. Während wir durch La Rochelle liefen, hielt ich also Ausschau nach Plakaten, die irgendwelche coolen Acts ankündigten.
Schließlich erzählte uns eine Schweizer Rochellaise von dem Francofolies Festival im Juli, und ich bekniete die Chefin, dann noch einmal wiederzukommen. Aber wer hörte schon auf seinen kleinsten Mitarbeiter?
Nach der Tour durch La Rochelle downtown sahen wir uns die Stadt vom Wasser aus an. Und jetzt haltet euch fest, my friends – ich, der blinde Passagier, durfte ans Steuer eines Elektroboots! Mega!
Mir wurde aufgetragen, die Schwimmwesten zu inspizieren und unter den anwesenden Kiddies für Erheiterung zu sorgen. Nichts leichter als das. La petite belle war ja schon von meinem Anblick hin und weg. Die Kleine folgte mir auf Schritt und Tritt, was mir natürlich schmeichelte, keine Frage.
Leider dauerte die Bootstour nur bis auf die andere Hafenseite, die Chefin und ich mussten weiter. Man hatte mir Beach-Testing in Aussicht gestellt. Drei Inseln warteten auf uns, drei Inseln in zwei Tagen.
Auf der Île de Ré
Oops, da hatte aber jemand Probleme! Die Chefin mit dem Auto. But the french man vom Verleih stellte ihr sogar das Navi ein. Nice. Und endlich düsten wir los, die Chefin missachtete das Navi, fluchte in diversen Sprachen, folgte den Schildern, und wir landeten tatsächlich auf der Brücke – the big brigde, die Brücke von La Rochelle zur Île de Ré.
Traue nie einem GPS und folge deiner Nase! Könnte mein neues Motto werden. Das Meer schimmerte türkis, wenn die Sonne da war. Erinnerungen kamen kurz hoch, Pirates of the Caribbean… Dann zogen Wolken auf.
Wo war der Beach? Die Chefin vertröstete mich auf andere Inseln. Zwar verfügte die Île de Ré über genug Strände, wir hatten aber ein anderes Programm: Saint Martin. Kultur, Menschen, enge Gassen. Tarte aux Pommes am Hafen. Bitte ein Bier pour moi!
Langsam kapierte ich, was Gott nach Frankreich trieb. Es war alles so hübsch rundherum, ich spürte die good vibrations. Schade, dass mein Mädchen nicht dabei war, das süße Schlafschaf aus Hamburg! Inseln hatten so etwas. Man ließ den Blick übers Meer schweifen und sehnte sich nach der Liebe.
Und das Islandhopping hatte gerade erst begonnen. Es wurde immer wilder. Zunächst düsten wir durch die Gegend, klapperten das Festland ab: Port des Barques verzweifelt gesucht! Das Navi war dermaßen kapriziös, am liebsten schickte es uns im Kreis herum.
Islandhopping
Wir schafften es nicht mehr zu Fuß auf die klitzekleine Insel namens Madame. Also düste die Chefin mit dem Auto über den Meeresboden, so kamen wir wenigstens vor der nächsten Flut wieder trockener Klaue zum Festland zurück.
Die Chefin konnte sich in Ruhe mit einem Muschelfarmer unterhalten und schlabbrige Austern schlürfen. Ich sah nach den auf der Insel lebenden Schwarzkopfschafen und beneidete sie um ihr lockeres Leben, auch wenn es nicht ewig dauern würde. Dazu aß man in Frankreich zu gerne nicht-vegan.
Schon kurze Zeit später sprangen wir in letzter Sekunde auf ein Boot, dass uns auf die Île d’Aix brachte. Vermutlich wurden diesem Eiland magische Kräfte oder die Wirkung eines ewigen Jungbrunnens nachgesagt, denn außer uns bevölkerten noch Scharen Sonnenhungriger das Eiland. Sie picknickten, hingen ab oder schwangen sich aufs Rad.
Für uns ging es dann mit der Chefinnen-Rikscha weiter, ich hatte ja schon jede Menge Übung als Beifahrer im Fahrradkorb. Vor allem in Kopenhagen! Aber das ist eine andere Story. Jedenfalls war ich die Schaukelei gewohnt.
Zu meiner Überraschung machten wir ständig Stopps. Endlich ein Beach! Ich warf mich in den Sand und beschloss, dort zu bleiben. Wozu sich fortbewegen, wenn man den idealen Ort gefunden hatte? Doch die Chefin beauftragte mich mit der Suche nach der schönsten Austernschale.
Nach meiner Pensionierung würde ich zurückkommen. Oder für ein Sabbatjahr. Hier konnte man sich von Queller und Strandkräutern ernähren. Was brauchte ich mehr? Meine Liebste würde ich natürlich aus Hamburg entführen. Pirate Lovers of the Atlantic, yeah.
Sie liebten die rauschende See, Sandstrände und Sternegucken unter freiem Himmel. Frankreich hatte viele Facetten, das wurde mir langsam klar. Und Gott übernachtete vermutlich auf einer der Inseln, wenn er hier speiste.
Take it easy, my friends!
Euer
Luis Maria Fernando da Silva Santos
Fotos: Elke Weiler
Mit Dank an die Region Poitou-Charentes für die Einladung zu dieser Reise.
2 thoughts on “Wo ist der Beach?”