Die Kühe hatten den Rhythmus. Verstummt und völlig baff schaute ich ihnen zu.
Wir waren auf Eiderstedt – wie so oft in der letzten Zeit – auf dem Weg zu dem geheimnisvollen Haus der 1001 Gerüche. Plötzlich musste Monsieur wegen der Kühe stoppen, die sich unbefugterweise auf der Fahrbahn ausbreiteten.
Als sich dann auch noch ihre Kumpels auf der Weide in Trab setzten, geigte ich ihnen erst mal gehörig die Meinung. Madame wollte natürlich lieber ihre Latino-Mucke als meine süße Stimme hören und versuchte mich zu „beruhigen“.
Doch erst als ich fasziniert beobachtete, wie die Kühe sich exakt zu den Beats bewegten, hielt ich inne. So etwas hatte ich noch nie gesehen: Diese wuchtigen Rindviecher hatten tatsächlich Musik im Blut! Ich dachte nach: Vielleicht konnte man hier demnächst einen Tanzkurs organisieren? Salsa für Kühe oder so.
Glücklicherweise hielten wir uns keine Ewigkeiten auf Eiderstedt auf, denn im Haus durfte ich absolut nichts tun. Dabei lagen so viele interessante Dinge auf dem Boden, die man fachmännisch zerfetzen konnte.
Wir setzten über zu neuen Ufern, verließen über einen bauchigen Brückentunnel die Halbinsel und landeten mitten im Reich der Millionen Kohlköpfe: Dithmarschen.
Eigentlich war hier alles genau wie in Nordfriesland: das Meer, das Watt, die Deiche. Nur lag eben mehr Gemüse herum. Überflüssig zu sagen, dass ich nichts davon auf Festigkeit, Aroma etc. testen durfte.
Während Madame et Monsieur sich an den kulinarischen Highlights der Dithmarscher labten, machte ich die Bekanntschaft eines gut gebauten Berner Sennenhunds. Klar versuchte ich, ihn mehrfach zu küssen, doch er hätte für meinen Geschmack etwas mehr Interesse für frisch frisierte, umwerfende Beardiedamen aufbringen können.
Das machte mich rasend, wenn einer so cool war. Ein Macho, wie er im Buche stand. Bis ein zweiter Senne auftauchte! Butz, der scheinbar zur Lokalität gehörte und uns Kollegen erst mal fertig machte.
Endlich rührte sich auch meine etwas behäbige neue Bekanntschaft, und es ging rund. Showdown unter den Berner Kings! Hatten sie nichts Besseres zu tun? Zum Beispiel einer echten Rassefrau den Hof zu machen?
Ich würde beizeiten hier noch mal nach dem Rechten sehen, war aber froh, dass wir endlich zur Wattwanderung aufbrachen. Natürlich nicht, ohne dass Madame den angeschlossenen Hofladen zuvor leer kaufte. Irgendwelche Dinge für das Haus der 1001 Gerüche vermutlich, das war ja ihr neues Hobby.
Jedes Mal, wenn sie etwas Skandinavisches sah, drehte sie durch. Dabei waren all diese Dinge ja noch im Rohzustand und warteten auf ein professionelles Finishing mit handwerklich exzellenten Zähnen. Ich hoffte, dass Madame sich darüber im Klaren war.
Am Deich trafen wir lustige Havanesen. Sie wären locker als meine Babys durchgegangen. Wir hätten am hiesigen Hundestrand eine Runde spielen können, und ich hätte auf Großfamilie gemacht. Doch ihr Rudel machte mir einen Strich durch die Rechnung, denn sie zogen einfach weiter.
Dafür verloren Madame et Monsieur ihre Schuhe, und wir tauchten unsere Pfoten gemeinsam in den warmen Schlick. Was für ein Vergnügen wie ein Katamaran über den flachen Wasserspiegel zu düsen, mit hörbarem Plitschiplatschi bis zum Horizont zu fliegen!
Fast so schön wie das wilde Wälzen auf den fetten Dithmarscher Wiesen. Da konnten mir alle sich aufplusternden Kollegen der Welt gestohlen blieben. Inklusive gut Gebauter! Ich war unabhängig: eine stolze Chachaputi eben.
Text: Julchen (nach Diktat eine Dithmarscher Residenz beantragt)
Fotos: Elke Weiler