Strandübungen

In Sankt Peter-Ording

Ein Sommermorgen wie im Bilderbuch. Zum ersten Mal seit Tagen legt der Wind eine Atempause ein. Schnell wird es uns warm unter der Sportkleidung, während wir auf die Seebrücke von Sankt Peter-Ording zusteuern.

„Nehmt die Stöcke jetzt quer“, rät Linde, die Nordic Walking-Trainerin. Eine Koordinationsübung mit Partner: Ist das rechte Bein vorn, schwingt der linke Arm vor und umgekehrt. „Wer hinten geht, schiebt. So kriegt ihr den Rhythmus hin“, meint die Sportlehrerin.

Rechts und links von der Brücke tummeln sich Wattvögel auf den Salzwiesen. In einem Priel, der durch das Grün mäandert, hat sich ein Rotschenkel niedergelassen und nimmt ein ausgiebiges Morgenbad. Ein Hase hoppelt über die sattgrünen Wiesen und verschwindet darin. Himmlische Ruhe.

Wir haben die Treppe erreicht und freuen uns aufs Walken auf dem hellen Sand, der sich kilometerweit vor uns ausstreckt – bei Ebbe ins schier Unendliche. Der frühe Morgen ist die beste Zeit für einen Wattspaziergang, Nordic Walking oder Jogging über den angeblich größten Sandkasten der Republik.

Linde lässt einen Kreis bilden, und wir beginnen mit Aufwärmübungen auf dem festen Untergrund. Insgesamt hat der Strand von Sankt Peter-Ording vier verschiedene Sorten in petto: den feuchten Sand am Meeressaum, den Abschnitt dahinter mit unzähligen Muschelschalen.

Dann den weichen Sand, der unter jedem Schritt nachgibt und das Vorwärtskommen erschwert. Doch der Großteil des wüstenähnlichen Geländes bietet jenen festen Sand – ideal zum Walken. Wir schnallen uns die Stöcke an und ziehen los, nordwärts, immer parallel zur See auf der einen und den Dünen auf der anderen Seite.

Der Sandkasten füllt sich

Wie im Flug vergeht die Zeit, fast haben wir die Pfahlbauten des nördlichen Stadtteils Ording erreicht und biegen in Richtung Dünen ab, um die Tour im Kiefernwald mit Dehnübungen abzuschließen.

Inzwischen knurren die Mägen, denn keiner von uns hat vor dem Walking gefrühstückt. Also zurück ins Hotel und dann wieder an den Strand! Langsam füllt sich der große „Sandkasten“: Junge Familien spielen mit ihren Kindern, Strandläufer waten mit nackten Füßen durch das seichte Wasser. Kinderfußabdrücke im Sand, das knirschende Geräusch der Muschelschalen bei jedem Tritt.

Große Runde

Der Luftkurort Sankt Peter-Ording liegt Schleswig-Holsteinischen Teil des Nationalparks und UNESCO-Welterbe Wattenmeer. 4 410 qkm breitet sich das in zwei Zonen geschützte Wattenmeer der Region aus. Nur drei Einwohner sind in der Schutzzone 1 beheimatet, sie leben ganzjährig auf der Hallig Süderoog.

Um die 3 200 Tierarten tummeln sich im Watt, davon 250 allein auf den Salzwiesen. Zwei Millionen Zugvögel ziehen jährlich durch den Park. Und was Scholle, Hering und Seezunge angeht: 63 Fischarten bevölkern die Nordsee.

Mit vollen Segeln über den Sand

Endlich kommt Wind auf und umkreist die Strandkörbe. Nichts ist schöner, als sich im Korb in die Sonne zu kuscheln, während es ringsherum fegt und bläst.

Einige zieht es in den Bereich der Strandsegler, um mit vollen Segeln über die unendlichen Weiten des Strandes zu brausen. Echte Profis können dabei sogar eine Geschwindigkeit von 70 Stundenkilometern erreichen.

Aktiv schaukeln.

Doch schon 45 km/h fühlen sich unglaublich an. Ein wildes Gefühl von Freiheit. Bremsen? Ist nicht. Es ist ratsam, vor den Kurven die Geschwindigkeit drosseln, den Wind aus dem Segel zu nehmen. Anderweitig könnte eines der drei Räder vom Boden abheben.

Ein Stück weiter: Drachen in allen Formen und Farben zischen und rattern, Möwen schweben im Gleitflug durch die Lüfte. Draußen im Meer schwimmt ein einzelner Mensch gegen 15 Grad kaltes Wasser an.

Es gibt nichts Entspannenderes, als barfuß am Meeressaum spazieren zu gehen. Die Brise frischt auf, fährt durch die Atemwege, reinigt die Lunge und trägt alle Gedanken fort.

Text und Fotos: Elke Weiler

6 thoughts on “Strandübungen

  1. Wirklich schöner Bericht!
    Und St. Peter ist mit seinen 12 Kilometern Nordsee-Strand einfach unübertroffen.

    Knapp 300 km weiter östlich bieten sich für ambitionierte Walker/innen beispielsweise die Ostseestrände Binz oder (weitaus weniger bekannt) Thiessow an. Aufgrund des feinen Sandes kann man hier auch gut ohne Walkingstöcke etwas für seine Fitness tun. Und bei 5 km Strandlänge kommt man hier im UNESCO-Biosphärenreservat ebenfalls auf seine Kosten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert