Happy Hippo! Mich wunderte kaum, dass Monsieur ihn so nannte. Wenn der kleine Pupser am Deich in seinen lustigen Pummelgalopp verfiel, erinnerte einen das stark an ein wuchtiges, ungelenkes Tier. Dabei strahlte Janni von einem Plüschohr bis zum anderen.
Es war an der Zeit, den Saubraten mal wieder in andere Regionen auszuführen, also nahm ich ihn mit nach Dithmarschen. Ihr erinnert euch? Ein bäuerlich geprägter Landstrich, in dem sogar die Wollknäuel auf den Fennen Kohl verputzten. Es gab Kohltage, die Rüben stapelten sich auf den Feldern und vor den Bauernhäusern.
Selbst sonntags konnte man dort überall Kohlköpfe kaufen. Ich hatte zudem sehr gute Erinnerungen an unsere Besuche am Wesselburenerkoog, da ich dort immer nette Kollegen getroffen hatte. Der Höhepunkt aber war zweifelsohne, als ich mich einmal in einwandfreiem Aas wälzen konnte.
All das hätte ich Janni liebend gern präsentiert, doch dann fanden wir den Mega-Stock schlechthin und konnten weiter an unserer Choreografie „Pas de Deich“ arbeiten. Vorgesehen war eine Performance zum nahenden Fest der Liebe. Bei jeder Gelegenheit schliffen wir an Ausdrucksstärke, Figurenreichtum und Komplexität des Gesamtwerks.
Normalerweise diente uns eine apfelgrüne Frisbeescheibe als verbindendes Element, als Dreh- und Angelpunkt für die künstlerische Darbietung. Natürlich konnte auch Strandgut in jeder Größenordnung zu Übungszwecken eingesetzt werden. In der heimischen Hütte schnappten wir uns meist Gustavo den Geier oder Baguette den Beagle. Manchmal ging uns auch Enzo der Erpel zu Maul. Alle waren frisch gebadet.
Natürlich waren meine athletischen Möglichkeiten in einer anderen Liga als die des Pupsers einzustufen. So flog ich mit Leichtigkeit über Hindernisse wie Gräben, Zäune und Happy Hippos. In unser Deichballett baute ich komplexe Figuren wie Hasenhüpfer, Übersprunghandlungen und Komplettrollen ein – mit oder ohne Panade.
Bei Janni reichte es, wenn wir die „Pas de deux“ hinkriegten, ansonsten trottete er gemütlich nebenher. Weniger elegant war, dass er mit der Nase ständig über dem Boden hing, statt sich stolz wie ein Balletttänzer aufzurichten. Als wenn er sonst nichts zu schnüffeln hätte! Ich hoffte, dass die Ausdruckskraft unserer Performance unter seiner rustikalen Art nicht leiden würde.
Immer im Hinterkopf: Wir wollten vor weitem Publikum auftreten. Grandmadame würde uns zum Fest der Liebe beehren. Und Mats musste spätestens bis dahin von seinem Outdoor-Abenteuer zurückgekehrt sein. Und wer weiß, vielleicht würden ja auch wieder die TV-Lutscher anrücken.
Wir hatten bei meinem Jugendfreund Buddy und diversen anderen Kollegen beobachtet, dass man auch das nasse Element in die Choreografie einbauen konnte, uns aber gemeinschaftlich dagegen entschieden. Was die musikalische Untermalung und den richtigen Rhythmus anging, wollten wir uns von Rastaschaf Luis beraten lassen, dem zweiten Kolumnisten von Meerblog und angeblichen Rom-Korrespondenten.
Der Sonnenanbeter und Unter-Palmen-Abhänger hatte wenigstens einen lässigen Musikgeschmack und würde Janni nicht mit einem schnellen Ska oder raffinierten Tango überfordern. Luis war derzeit mit diversen Stories, die er noch liefern musste, sowie der Weitervermittlung zweier Lämmer beschäftigt.
Angeblich waren ihm die Mini-Wollknäuel zugelaufen, und nun suchte er nach Adoptiveltern. Sein ach so anstrengender Job ließ es nicht zu, dass er sich selber um die Süßen kümmerte. Meine Vermutung war: Der Typ hatte doch in jedem Hafen etwas am Laufen. Vor allem in Hamburg, na ihr wisst schon, mit diesem Schlafschaf. Bestimmt kamen die Bälger daher.
Aber Luis wies alles zurück. Angeblich hatte er die Hamburgerin schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Natürlich hatte ich mit der Erziehung des kleinen Saubratens alle Pfoten voll zu tun und konnte mich nicht auch noch um die unehelichen Blagen von Arbeitskollegen kümmern.
Selbst für Emil hatte ich kaum noch Zeit. Es stank mir zwar gewaltig, dass der kleine Pupser sich wie üblich an all meine Bekannten heranschmiss. Besonders an meinen Verlobten. Doch was blieb mir, als Emil die kalte Schulter zu zeigen? Daraufhin legte der Gute sich mächtig ins Zeug.
Wozu sollte ich die Verlobung lösen, wenn wir uns immer noch liebten? Emil hatte einiges durchgemacht in der letzten Zeit, und ich würde auf ihn warten. Auch er drückte mir alle auch Pfoten, dass unser Katertier bald wieder auf der Matte stand.
Spätestens zum Fest der Liebe, hörst du, Mats? Aber am besten schon morgen früh!
Text: Julchen (nach Diktat auf den Wachposten im Garten gerannt, Happy Hippo hat ja keinen Sinn für sowas…)
Fotos: Elke Weiler