Die glorreichen Vier

Freie Hühner

Dies ist ein Hühnerartikel. Alle, die Hühner nicht so genial finden wie wir, sollten einen anderen Artikel lesen. Wer trotz der Warnung bleibt, wird es vielleicht lustig finden. Und auch traurig. Nicht gerade das, was in Zeiten wie diesen angebracht erscheint. Dieser Artikel wurde übrigens von keinem Huhn diktiert.

Das Landleben kann eines der härtesten sein. Wie bereits am Ende des Artikels über die Arche Warder erwähnt, hat sich die Konstellation unseres Hühnergrüppchen geändert. Wenn einer von uns mal wieder samstags morgens den Impfstoff für die Hennen holt, kommt stets die Frage: „Für wie viele Hühner?“

„Drei“ haben wir geantwortet, seitdem Björk damals von einem Greifvogel geholt worden war. Nun heißt es wieder „vier“ – aufgrund einer Minus-zwei-plus-drei-Rechnung. Egal, ob wir für drei oder vier gefiederte Freunde ordern, immer werden wir mit einem Lächeln bedacht. Vermutlich sind wir die Einzigen im Dunstkreis des hiesigen Geflügelzuchtvereins, die nicht nur wenige Hühner halten, sondern ihnen auch noch isländische Namen geben. Welche wir beim Abholen des Impfstoffs allerdings nie nennen müssen. Nur den Familiennamen.

Lange Zeit machten die Hennen also zu dritt die Gegend unsicher, und wir waren froh, dass der Greifvogel sich von dem im Überfluss vorhandenen Hundegebell und so stylischen Scheuchen wie Willi und Hansi sowie von dem Kürbiskopf mit seiner weithin leuchtenden Superkraft abschrecken ließ.

Dann kam der Urlaub. Unbeschwerte Tage an der dänischen Westküste sollten es werden. Unsere lieben Haussitter betreuten den Kater und die Hühner mit Liebe, Einfühlsamkeit und Geduld. Für Piet erfanden sie sogar Spiele und Architektur. Sie grämten sich, doch sie konnten nicht verhindern, dass von Brynja und Hafrún nur schöne und lustige Erinnerungen und ein paar Federn übrigblieben.

Ein hungriger Räuber oder eine Räuberin hatte zugeschlagen, irgendwo im Dickicht, an zwei Tagen hintereinander. Hafrún hat es ausgerechnet an ihrem Lieblingsplatz erwischt. Unsere Sitter traf das hart. Auch fanden sie ein verängstigtes, trauerndes Huhn unerträglich, das sich nicht mehr aus dem Stall heraustraute. Die arme Gudny, immer die Schüchternste von allen, hatte als einzige überlebt.

Die besten Haussitter der Welt fackelten nicht lange und fuhren gleich am nächsten Tag zu einem privaten Züchter, wo sie drei Junghennen auswählten, zwei Wyandotten und ein Brahma-Huhn. Gudny sollte also neue Freundinnen bekommen, die Sitter drei Patenhühner und wir einen vollen Stall, wenn wir zurückkehrten. Das half uns in der Tat über die Trauer hinweg.

Wer die Landei-Kolumne sowie die Insta-Stories verfolgt, kannte Brynja und Hafrún schon ganz gut. Ihre Gesprächigkeit, ihr sonniges Gemüt, ihren exquisiten Geschmack sowie ihre Geselligkeit. Und wie sie mir ohne zu zögern im Frühjahr bei den Gartenarbeiten rund um den Chicken Hill zur Hand gegangen waren! Sobald sie mich mit der Hacke in der Hand erspähten, nahmen sie quasi ihre Beine in den Schnabel und waren in Nullkommanix zur Stelle. Wer schon mal ein Huhn hat flitzen sehen, weiß, dass es zu Lichtgeschwindigkeiten fähig ist.

Nun sind die Karten neu gemischt. Gudny fühlt sich nicht mehr allein, hat sich allerdings von der Zurückhaltenden in eine Furie verwandelt, zumindest am Anfang. Besonders die Wyandotten machen in ihren Augen alles falsch und müssen so einiges einstecken. Einmal habe ich Gudny aus dem Stall holen müssen, damit Askja, das sensible Brahma-Huhn, überhaupt die Schlafgemächer betreten konnte. Selbstredend hat sich Gudny trotzdem an ihr vorbei gedrängelt und Hildur im Stall gleich eins übergebraten.

In der Folge bildeten sich Pärchen: Die Wyandotten Ingibjörg und Hildur hockten immer zusammen, während Gudny sich Askja annahm, beziehungsweise Askja an Gudny klebte. Obwohl noch jung und vermutlich nicht ganz ausgewachsen, ist Askja die Größte und Eleganteste von allen. Unsere Haussitter haben drei Hühnerschönheiten ausgesucht. Inzwischen haben sich glücklicherweise die Fronten gelegt, und der Vierer-Clan ist in Peace-Stimmung gemeinsam unterwegs. Meistens!

Gudny hat den größten Bezug zu uns und legt als Einzige ab und zu ein Ei. Askja versteckt sich am schnellsten. Anfangs erschien sie uns als unsichtbare Vierte, da immer irgendwo in Deckung. Inzwischen hat sie etwas Mut gefasst, und mit Ausdauer schaffe ich es sogar, sie vor die Linse zu bekommen. Ingibjörg und Hildur sind relativ cool und werden wohl mit der Zeit alle Hemmungen verlieren.

Hühner im Herbst im Garten
Der neue Clan

Bei diversen Updates von unserer Seite fragen die Haussitter gerne: Wie sieht es mit Eiern aus? Dafür sei es noch zu früh, meinen Askja, Ingibjörg und Hildur. Das kommt noch. Irgendwann. Irgendwie. Irgendwo. Aktuell stehen Meetings und Recherchen an.

Wenn man im September noch gemeinsam die trockenen Gräben durchforschte, die sich in der Zwischenzeit endlich wieder mit Wasser gefüllt haben, landete man auch schon mal auf einem der gemütlichen Äste, die so etwas wie ein Dach über den Gräben formen. Oder auf dem Terrain der Nachbarn, wo ebenfalls der Boden gelockert werden kann.

Denn was kümmern ein Huhn schon Begriffe wie Besitz, Grenzen, territoriale Ansprüche oder der Druck einer vermeintlich modernen Leistungsgesellschaft? Nicht die Bohne, respektive das Korn. Wo ein Wurm vermutet wird, muss das Huhn gründlich forschen. La Dolce Pick-Vita in Nordfriesland. Zumindest das hat sich nicht geändert.

Text und Fotos: Elke Weiler

7 thoughts on “Die glorreichen Vier

  1. Unser Kleiner, zwei Jahre alt, würde ganz aufgeregt vor den Tieren hocken. Zu seinem frühesten Wortschatz gehörte bereits gikegiee….
    Ich glaube, bei Eurer Auswahl wird die Anzahl der Eier in Quantität und Größe überschaubar bleiben:-) Nur weiß der Räuber, wo es was zu holen gibt. Ist die Frage, ob Marder oder Habicht. Denn wenn ein Marder, müsste man auch das Haus und auch das Auto schützen. Z.B. mit Ultraschall. Beim Habicht könnten bunte Flatterbänder helfen. Habichte jagen ja nicht nur im Flug, deswegen würde ich die Vermutung gar nicht ausschließen. Ich wünsche Euren Hühnern jedenfalls ein langes Leben.

    1. Soso, dann hat der Kleine wohl desöfteren von irgendwoher einen Hahn gehört! :-) Einer der Bauern hier hatte uns mal einen angeboten, aber das wäre ja für so wenige Hennen eventuell in Stress ausgeartet, und wir haben auch keine Brutstätte…
      Jedenfalls gibt es genügend Greifvögel auf Eiderstedt, alles ist möglich. Was den Bodenräuber angeht, da kämen diverse in Frage. Ein Marderhund? Eine große Katze? Irgendjemand jedenfalls, der vor Ort gerupft hat und dann die Beute mitnahm. Als es damals Björk erwischte, steckte eindeutig ein Greifvogel dahinter.
      Ich danke dir für deine Wünsche! Der Clan kann das gebrauchen. :-)

  2. Die neuen Hühner sind ja außergewöhnlich! Die müssen sich auch eingewöhnen in ihre neue Umgebung, das Eierlegen wird wohl dann irgendwann sein. So farbenprächtige Hühner!

    1. Das hoffen wir auch. Zur Zeit sind wir froh, dass es keinen Krach mehr gibt, und Gudny die Neuen akzeptiert. Dass die Hühner nun wegen der Vogelgrippe den Garten nicht mehr erforschen können, ist natürlich hart!

  3. Hallo Ihr Lieben :-) was ein schöner Artikel und tolle Bilder von den 4 Grazien!! Was sind wir doch froh, das mittlerweile alles so harmonisch ist bei den Damen. Wie sieht es aus bei euch mit der Vogelgrippe? Dürfen sie wieder das Land unsicher machen? Und was macht der kleine Piet? Hach……sooooo viele Fragen….. ;-P am Besten kommen wir doch gleich wieder in den Norden gefahren ;-) Ganz liebe Grüße an das ganze Rudel und viel Freude mit Zouzou.

    1. Liebe Anja, das wäre so schön, wenn ihr wieder kommen könntet! :-) Allen geht’s gut, ich hoffe, bei euch auch! Aber die Hühner sind not amused wegen des Lockdowns. Allen voran Gudny, die ja am meisten die Freiheit gewohnt ist. Damit es nicht arg langweilig wird im Gehege, hat Stratos diverse Gadgets zur Zerstreuung bestellt, beziehungsweise gebaut. Darüberhinaus gibt es Leckerlis wie trockene Würmer. Also kulinarisch gegen den Lockdown! Die Vogelgrippe fordert indes weitere Opfer, auch wenn das an den nördlichen Stränden von Eiderstedt nicht so schlimm ist wie im Norden Nordfrieslands. Die Hühner von Hallig Oland hat es getroffen, das tat mir so leid. Indes ist Piet ein Riese geworden, ihr werdet ihn nicht wiedererkennen. ;-) Julchen und (vor allem) Janni lassen Maggie allerliebste Grüße ausrichten. Danke euch, und ganz liebe Grüße zurück! Bis hoffentlich bald!

  4. Ohje…..das hört sich nicht gut an mit der Vogelgrippe :-( ist aber zur Zeit auch alles extrem schwierig und nun auch noch für die Tierwelt…… Uns geht es gut und wir kommen hier ganz gut durch diese verrückte Zeit. Maggie freut sich riesig über die lieben Grüße und wir hoffen auch auf ein baldiges Wiedersehen. Wir wünschen euch alles Liebe und Gute und bleibt schön gesund!! Und gutes Durchhaltevermögen für die Hühner. Sehr kreativ hört sich das an.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert