Camillo. Wie wundervoll er singen konnte! Er lag auf dieser Rheinbarkasse, zusammen mit zwei Fernsehlutschern, und sie schunkelten und schaukelten glücksselig den Fluss entlang.
Endlich verstand ich Madame. Ich musste schnellstmöglich nach Düsseldorf. In die schönste Stadt am Rhein, glaubte man den Äußerungen meines Rudels. Nun war ich restlos überzeugt. Der Grund hieß: Camillo.
Himmelschafundmeer, was für ein Typ! Dieser betörende Blick. Fast wie Emil, aber nicht so frech. Ein Fels in der Brandung. Und diese Matte! Da konnte die gesamte Occupy-Bewegung einpacken. Konnte man sich beim Flimmerkastenglotzen verlieben? Ja, meine Lieben. Es kam nur auf den Inhalt an.
Camillo, der Beardie der Radiolutscherlegende Manni Breuckmann, war einfach eine Augenweide. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf. So blieb mir nichts anderes übrig, als Madame et Monsieur zu überzeugen, mich irgendwann mal nach Düsseldorf zu begleiten. Und wenn ich dort jeden Tag auf dem Carlsplatz auf den schönsten Typen Düsseldorfs warten musste!
Zum Träumen blieb keine Zeit. Meine Psychoanalytikerin Mademoiselle Julie holte mich knallhart auf den Boden der Tatsachen zurück. Ein aufregendes Wochenende mit Lutscherbesuch aus dem Rheinland stand uns bevor. Ich musste dringend den Garten bearbeiten!
Als Madame et Monsieur mich am Freitag zuvor in die japanische Blechhöhle luden und in die Ordinger Wüste verfrachteten, konnnte ich nichts ahnen… Und dann tauchten sie auf – wie aus dem Nichts: Beachboy Brother Mogli, sein bester Kumpel Balou sowie Onkel Big und seine Liebe. Himmelschafundmeer, was für eine Überraschung!
Wir stürmten aufeinander zu und fielen uns in die Pfoten. Mogli hatte sich kaum verändert, immer noch wild und ungestüm wie ein Oktobersturm. Er kam halt ziemlich auf Papa Rudolph. Balou hingegen war umsichtiger, zärtlicher. Ein cooler Typ. Leider wurde er von meinem Bruder rund um die Uhr in Beschlag genommen.
Die beiden Schnuckels – unzertrennlich wie das doppelte Lottchen und im fernen Hannover ohne Meer – nutzten die Gelegenheit zum konzertierten Abtauchen. Ständig sollte Onkel Big ihnen irgendwas in die Fluten werfen, damit sie wie die Kitesurfer über die Wellen hüpfen konnten. Nur ohne Drachen!
Der knuffige Balou verwandelte sich im Wasser: Für eine Wurfjagd bellte er sich die Seele aus dem Leib. Auch wenn ich seine Aufregung nicht so recht nachvollziehen konnte, antwortete ich höflicherweise. Während Brüderchen und ich uns abwechselnd in den Sand warfen und nach Herzenslust wälzten, hielt sich Balou in diesem Punkt vornehm zurück.
Aber wie die beiden guckten, als ich ihnen meine sehr spezielle Buddeltechnik demonstrierte! Mogli warf sogar das Kurbelrädchen an, wenn auch nur für drei Sekunden. Lieber jagte er mich über die endlosen Weiten meines Lieblingsstrandes. Aber geschickt wie ein Hase flitzte ich im Zickzack über den Sand. Was tat man nicht alles zur Erheiterung des Rudelanhangs!
Schade, dass Mogli und Balou zurück nach Nordstrand mussten, wo sie ihre Wohndose geparkt hatten. Je später der Abend, desto fitter wurde ich nämlich. Allerdings ahnte ich, dass in den nächsten Tag einiges auf mich zukam…
Sommersonnenzeit war die Zeit der Höllenmaschinen! Um mit ihrem irren Tempo mithalten zu können, musste ich technisch aufrüsten und besorgte mir eine R1200 GS mit 1170 Kubikzentimetern Hubraum und 110 PS. Ha!
Genauer gesagt ließ ich das funkelnagelneue Teil von unseren Pfingstlutschern mitbringen. Merke: All you need sind gute Beziehungen! Aber was taten die Pfingstlutscher da? Abhauen? In Astronautenanzügen? Mit meiner Höllenmaschine? So hatten wir nicht gewettet! Ich war außer mir und schimpfte ihnen wütend hinterher. Kommt ihr mir mal nach Hause!
Sowieso erschienen mir die beiden einen Tick zu begeistert vom Löffelgesicht. Das Katertier hatte wie üblich den Schnurrmechanismus eingeschaltet, kaum dass unsere Pfingstlutscher aufgetaucht waren. Wie konnte man sich nur von so einem Blender einlullen lassen?
Eine kleine Demonstration meiner Fähigkeiten sollte ihre Aufmerksamkeit zurück auf die Bühne des Geschehens lenken. So versuchte ich während des morgendlichen Fresserchens der Gemeinde im Garten dem nahenden Feldarbeitslutscher akustisch klar zu machen, dass man an heiligen Festtagen, vor allem bei wichtigem Lutscherbesuch, nicht die fetten Maschinen anschmeißen durfte.
Er verzog sich, nachdem er das Gras geklaut hatte. Pfff! Camillo, klauen sie in Düsseldorf auch das Gras? Ich meine: außerhalb von Fußballstadien?
Text: Julchen (nach Diktat probeweise die Reisetasche fürs Rheinland gepackt. Sollte sie Camillo vielleicht ein kleines Wollknäuel mitbringen?)
Fotos: Elke Weiler