Die Melkfetttage waren vorbei. Dabei erschien mir die kleine „Pfotenmassage für zwischendurch“ nicht unangenehm. Doch das Biikebrennen nahte, die Lutscher wollten den Winter vertreiben, ohne mit uns, ihren treu ergebenen Begleitern, Rücksprache zu halten.
Ich liebte den Schnee fast so wie meinen Verlobten. Und jetzt haute er langsam ab, der Schnee, ohne dass ich einen Verlängerungsvertrag hatte abschließen können.
Also fraß ich noch mal gehörige Portionen davon, jedes Mal, wenn wir draußen waren. Besser als langweiliges Leitungswasser zu trinken!
Doch an vielen Stellen trat der Untergrund schon braun hervor, und das konnte unweigerlich nur eines heißen: Das lästige Pfotenduschen begann von neuem.
Das einzig Gute am schwindenden Schnee war, dass diverse interessante Kotsorten zum Vorschein traten. Da ich mich aber schon bei Katerchens Hinterlassenschaften bedient hatte, um mein Rudel arbeitstechnisch zu entlasten, hielt ich mich bei unserem morgendlichen Düngungsgassi vornehm zurück.
Manchmal fragte ich mich: Nahmen Madame et Monsieur überhaupt war, dass ich ihnen fortan unter die Arme griff? Vor allem, wenn Mats, der alte Egomane, sein dämliches Morgenritual startete, weil er mal wieder Kohldampf schob.
Mit seinem monotonen Schnurren versuchte er die Chefetage zu wecken, weswegen es sofort einen lautstarken Anschiss meinerseits gab.
Woraufhin wer wegen Ruhestörung zurechtgewiesen wurde? Richtig. Nur die Chachaputi. Die Welt war ungerecht. Es war Zeit, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen der Liebe.
Mir war zu Plüschohren gekommen, dass Valentinstag war, den die Lutscher zur durchgängigen Bussibussi-Phase deklarierten. Derart gut informiert, fing ich schon morgens früh mit einem erweiterten Abschlabberprogramm an.
Es war auch an der Zeit, meinen Verlobten zu treffen, denn vielleicht wollte er mir ja ein kleines Präsent überreichen. Ein Ticket für die Grönlandpassage? Einen Gummihandschuh?
Wir standen beide total auf Plastik. Wenn wir wie die Irren über unseren Deich fegten, war kein Stück vor uns sicher, egal welches Material. Auch hatte ich mit Emil noch nicht über meine Kandidatur für die Wahl der Lammkönigin der Herzen gesprochen.
Möglicherweise würde, wenn ich die Abstimmung gewann, was sehr wahrscheinlich war als einzige Kandidatin, also in diesem Fall würde sich unsere Grönlandreise etwas verschieben. Denn als frisch gekürte Lammkönigin hatte ich natürlich diverse Verpflichtungen.
So musste ich mich um sämtliche Schafe und ihre herumhüpfenden Bälger auf den Fennen und Deichen Nordfrieslands kümmern, wenn der Frühling kam. Das konnte leicht in Stress ausarten.
Zudem konnte ich mich als einzelner Hund nicht um ihre zahlreichen Hinterlassenschaften kümmern und brauchte Verstärkung. Doch die Bildung eines Lammköniginnen-Hilfstrupps war schon im vollen Gange, ohne dass ich ihn explizit angefordert hatte. Die Sache hatte sich zum Selbstläufer entwickelt.
Dabei liebäugelte ich ebenfalls mit einer Ausbildung bei der Polizei, um meinen natürlichen Hang zur Ordnung in geeignete Bahnen zu leiten. Schon jetzt wies ich Blechhöhlen mit hoher Geschwindigkeit gerne und geräuschvoll zurecht, doch die Lizenz zum Bußgelderteilen fehlte mir.
Auch brauchte ich eine Handhabe, um meinen Konkurrenten, das nichtsnutzige Rastaschaf, auszuschalten. Bestimmt konnte man Typen wie ihm spielend leicht Graskonsum nachweisen, dann fände seine Karriere ein schnelles Ende.
Und ich musste Madame nicht mehr wegen überflüssiger Reisen wie zum Bremer Sambakarneval entbehren. Als hätte das Reggaeschaf einen Sinn für Musik, die schneller als eine Blechhöhle war und allein deswegen verboten gehörte!
Auch Monsieur konnte man anmerken, dass er Madames Abwesenheit als unpassend empfand. So gut es ging, versuchte ich ihn ein wenig aufzulockern und ließ mich draußen einfach nicht einfangen.
Das brachte ihn ganz schön ins Schwitzen. Leider verschlechterte sich unser Verhältnis schlagartig, was nicht in meiner Absicht gelegen hatte. Wieder einmal stand das Unwort des Jahres im Raum: Flegelphase.
Es betraf Emil und mich. Und vermutlich litten auch andere Vierbeiner unter diesem fiesen, miesen Ausdruck bigotter Kleinkariertheit. Wie ein Filzknoten hing er einem fröhlich Heranwachsenden als Makel im Softplüsch.
Ein für alle Mal: Ich war eine Chachaputi. Auch wenn Madame mich wahlweise mit tausend anderen Namen bedachte. Gaga, Trullette, Schnutl oder Süsel waren nur einige Beispiele.
In diesem Zusammenhang: War es ein Wunder, dass ich auch auf andere Namen reagierte? Wenn jemand rief? Auf Emil? Luis? Schweinebraten? Nein. Das nannte man in der Fachsprache: Überkonditionierung auf Rufworte.
Aber eigentlich wollte ich ja sagen: Von wegen Flegel. Eine wahre Chachaputi erlaubt sich einfach ab und an einen kleinen Scherz!
Damit wir alle ein bisschen mehr Spaß am Leben haben.
Knutschis an alle!
Text: Julchen (nach Diktat ein Bewerbungsschreiben für den gehobenen Polizeidienst aufgesetzt)
Fotos: Elke Weiler
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