Die Freiheit der Fennen

Postboten sind immer ein großes Thema unter Hunden.

Besonders, wenn so einer mit einem Paket vor der Türe stand, das schon auf 100 Kilometer Entfernung nach Futter duftete. Aber jetzt mal ohne Scherz: Unser neuer Postbote konnte echt gut mit unsereins.

Außerdem war in dem Päckchen eine knuffige Überraschung: Enzo, ein sehr schicker und gepflegter Erpel, zog bei uns ein.

Anfangs schaute ich ihn etwas schräg an, weil er so viel gackerte, aber drei Minuten später liebte ich ihn. Fast noch mehr als Gina die Giraffe. Natürlich stand Papi der Elch nach wie vor an erster Stelle. Er spielte einfach super Fußball! (Ich berichtete.)

Neben den Postboten hatte ich auch ein Herz für Tierärzte. Himmelschafundmeer, wie hatte sich doch der Letzte gefreut, als ich ihn auf die mir eigene Art und Weise begrüßte! Passierte ihm wohl sonst nicht so oft.

Lutscher sind und bleiben Lutscher, sie wollen immer geknutscht werden, egal welchen Beruf sie ausüben. Vielleicht sollte ich meine Aufmerksamkeiten aber besser dosieren und erst mal die Behandlung abwarten? Neuerdings dachte ich mehr über solche Dinge nach.

Julchen inspiziert die Lage auf den Fennen...

Eine neue Phase brach über mein Leben herein, und ich musste mich darauf vorbereiten. Ernsthaft. Ich war auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Es machte mich verrückt! Fiebrig! Nun, der Onkel Doc schrieb mich erst mal krank, was blöd war, weil es mich wegen der Kolumne in den Pfoten juckte.

Dabei dachte ich schon, ich hätte mich mit Balou und der Meute am Dockkoog zu sehr verausgabt. Aber sowas kann doch einen Beardie nicht erschüttern! Darunter war ein echt netter Typ, eine Schokoschnitte wie Buddy, aber anders.

Er führte ein zuckersüßes Rudelpärchen mit sich, das mich auf der Stelle adoptieren wollte. Ich ging mit. Doch was passierte? Ich sah Madame am Horizont winken, und es brach mir fast das Herz! Wie ein geölter Blitz sauste ich auf sie zu.

Nein. Verlassen konnte ich sie nicht. Ich kehrte auch immer wieder heim, wenn ich meine Pferde besuchte und ein bisschen hütete. Dabei kam es zu einer Art Wettstreit, einem Kräftemessen, zwischen Monsieur und mir. Er verbrachte Stunden damit, den Zaun höher, besser und sicherer zu machen.

Schwerstarbeit, die ich innerhalb von Sekunden zerstörte. Mein zweites Gebiss war wirklich eine Wucht! Schon als Baby hatte ich von solchen Beißerchen geträumt.

Endlich! Die Freiheit der Fennen genießen!

Auch konnte ich mich nicht gegen jenen unbändigen Ruf der Freiheit wehren. Es reichte mir schon, über die Fennen zu streifen, einfach so, ohne Plan.

Die Huftiere ignorierten mich immer häufiger. Selbst dem Fohlen wurde vonseiten der Mutter untersagt „mit dem frechen Wuselviech zu spielen“. Wenn ich das schon hörte!

Dafür begann eine neue Liaison mit den Schafen. Ich war jetzt fast so groß wie sie, und ein hübsches, schwarzes Lamm schien sich am Everschopsiel in mich zu verlieben.

Doch wie üblich konnte ich diesen Flirt nicht intensivieren, weil Madame et Monsieur wieder irgendetwas anderes geplant hatten.

Wenigstens düsten wir zu meiner Lieblingskneipe nach Warmhörn. Es war wirklich der einzige Unterm-Kaffeetisch-Ort, der eine positive Energie ausstrahlte.

Und ich hatte wirklich schon ganz andere Erfahrungen gemacht! Letztens waren wir an einem ähnlichen Ort der Kraft. Gerade wollte ich ein wenig über das Hier und Jetzt und Überhaupt philosophieren, als mich ein freches Huhn aus komplexen Gedankengebilden hochschrecken ließ!

Nun. In Warmhörn ließ ich mich nieder, völlig relaxt, spürte die Schwingungen, fiel über mein Knabberohr her, als hätte ich seit Tagen nichts gegessen.

Der Wind fuhr mir durchs Fell und den mich umgebenden Lilienwald. Ja, ich gehörte hierher. Die Besitzerlutscher baten mir an, dort zu bleiben und mit ihrer Bella zu spielen.

Chillen! Die Weite der Fennen genießen!

Doch ich hatte die Kollegin ja noch nicht einmal kennen gelernt. Mir genügte es, einfach zwischen Madame et Monsieur zu chillen. In die selbe Richtung zu schauen wie sie. Die Weite der Fennen zu genießen…

Und als sie kurz aufstanden (keine Sorge – ich hatte sie gut im Blick), nutzte ich die einmalige Chance. Stieg mit meinem athletischen Körper auf die Bank, drehte mich geschickt und steckte meine Nase in Madames Eisbecher.

Logisch, dass ich die Lacher auf meiner Seite hatte! Die aufmerksame junge Kellnerin schaute zu mir hinüber, und ich orderte neu. „Bitte noch mal das Gleiche!“, zwinkerte ich ihr zu.

Wundert sich noch jemand, dass man mich nur mit Gewalt aus dem Paradies vertreiben konnte?!

Text: Julchen (nach Diktat ihre Karriere in einer Gelateria planend)
Fotos: Elke Weiler

One thought on “Die Freiheit der Fennen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert