Der Fernsehauftritt stand an. Live. Wir schmissen uns in Schale, für mich gab‘s die rote Ich-bin-Zucker-Schleife. Madame kämmte mir und dem kleinen Pupser die Botanik aus dem Fell, und los!
Denn die Fernsehlutscher warteten auf das Startsignal in meiner Lieblingslocation, dem Café von Bellas Rudel. Ihr erinnert euch? Der Espagneul Français, eine hübsche Lady, die nie mit mir spielen wollte. Keine Spur von ihr in dem TV-Gemenge, vermutlich war sie kamerascheu.
Wir setzten uns an einen Tisch zur Grandmadame von Bella, was ein absoluter Volltreffer war. Die Bremer Lutscherin kannte sich einfach aus, was unsereins betraf: Ihre Taschen waren voll mit den besten Leckerlis, und sie kraulte 1A.
Aus Gründen der Publicity machte ich einen auf Bravster-Hund-der Welt, während Janni sich völlig daneben benahm. Erstens: Der kleine Pupser bekam zuviel Aufmerksamkeit. Zweitens: Er stand drauf.
Und dann lief die Kamera, jetzt kam es drauf an! Es ging um diese Wunderblumen, deren Blätter vom Katertier aus unerfindlichen Gründen schon mal abgeschleckt wurden. Im Café war es voll davon. Eine TV-Lutscherin machte auf Bienchen. Hallo, hier! Da konnte ich spannendere Geschichten erzählen!
Und wer begnügte sich nicht mit der Statistenrolle? Wer wollte unbedingt ins Rampenlicht? Richtig, der kleine Pupser. Doch dieses Mal klappte es nur akustisch: Janni bellte, was das Zeug hielt. Immer, wenn der Kies knirschte, immer wenn die Live-Übertragung Millionen Fernsehzuschauer erreichte.
Gleich nach der Übertragung meldete sich unsere Grandmadame per Pfotenfon. Ob ich gebellt hätte? Ich?! Immerhin hätte man mich prominent unterm Baldachin identifiziert, während Jannimännchen wohl von Taglilien bedeckt war.
Im Großen und Ganzen keine schlechte Aktion, auch Bellas Madame gab uns Feedback. Ich spielte meine Rolle noch bis zum heimischen Garten, dann war alles zu spät. Ich musste einfach die Sau rauslassen!
Madame fand mich später ohne Propeller und zerwuselt wie Einstein beim Extremdenken. Außerdem hatte ich botanische Untersuchungen hinter mir, die selbst Carl von Linné von den Socken gehauen hätten.
Natürlich war Madame stinkig, weil ich mal wieder eine der Schleifen erledigt hatte. Aber so ist das Leben nun mal: Dinge kommen und gehen, nichts ist für die Ewigkeit. Janni hingegen schien zu bleiben. Leider konnte man noch nicht mal richtig mit ihm spielen, er kippte immer gleich um und verlor dann seine angeborene Begeisterungsfähigkeit.
Nur im Gras wälzen, das ging. In dieser Ausnahmesituation ließ ich mir sogar mit der Plüschpfote auf der Nase herumtapsen. Aber nicht -tanzen! Janni ging aufs Ganze und flüsterte mir ein offenes Geheimnis ins Ohr. Am liebsten schlabberte er wie verrückt an mir rum und biss mir zärtlich in die Backe. Saubraten!
Je mehr er sich akklimatisierte, desto länger wurde sein Sündenregister: Er hievte die Decken von der Couch und bearbeitete sie fachhündisch. Er zog Monsieurs Klamotten vom Stuhl und trampelte darauf herum. Mit einem Enthusiasmus! Auch Madame fand ihre Dinge morgens auf dem Boden wieder. Nicht in demselben Zustand wohlgemerkt.
Zuvor hatte Janni die Chefin durch hingebungsvolles Fußnagen geweckt. Leider zur falschen Zeit. Der kleine Pupser spezialisierte sich auf Holzbearbeitung, Bambus fiel in sein Fachgebiet. Wenn er gerade nichts Besseres vorhatte, pinkelte er auch mal ins Wohnzimmer. So zur Abwechslung.
Vor allem lief er mir bei gemeinsamen Spaziergängen ständig vor die Füße. Wie sollte man sich so entfalten? Als musisch veranlagter Hund brauchte ich meine Freiheiten. Es war an der Zeit zu handeln, also rächte ich mich, indem ich Baguette klaute, seinen Beagle mit Hummelwiesenduft.
Doch Janni merkte es noch nicht einmal, denn er war zu sehr damit beschäftigt, einen Pizzakarton akribisch zu zerlegen. Manchmal staunte ich über die Vielzahl seiner Interessen und Fähigkeiten. Dass er sich etwa mit Madame um die Macht stritt – Lutscher nennen das Ding auch gerne Fernbedienung – der Brüller!
Dass er Madames Unterlagen, Stadtpläne von wichtigen Städten etc. umsortierte, Kissen und Teppiche neu dekorierte und auch den letzten Winkel des Hauses staubfrei ventilierte, machte ihn schließlich zu einer wertvollen Haushaltshilfe. Auch wenn Madame et Monsieur nicht immer begeistert von seinen Aktionen waren – der Janni-Effekt zog.
Der kleine Pupser sah sie mit seinem Schlumpfblick an, warf sich auf den Rücken und demonstrierte seine Kuschel-Skills. Dann jauchzte die Chefetage, und alles war vergessen.
So ließ ich mich an Tag Sechs dazu herab, mit ihm zu spielen. Nur ein bisschen. Brav legte er sich auf den Rücken, taktisch klug, wie es auch das Löffelgesicht unterhalb meines Astralkörpers tat. So war ich milder gestimmt, was die Zukunft anging. Aber ich musste dringend vor die Tür. Einfach mal raus.
Text: Julchen (nach Diktat mit der Pfote über die Landkarte gereist)
Fotos: Elke Weiler
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