Manchmal ist es ein Blick. Manchmal eine Farbe. Manchmal eine Stimmung. All das weckt die Erinnerung an eine Zeit in der Vergangenheit, die wie eine Vorankündigung der Gegenwart erscheint. Alles wird logisch.
Ich stehe in der Provence und blicke aufs Meer. Es ist blau, von einem intensiven Azurblau. Und ungefähr an dieser Stelle hat der Dichter Stéphen Liégeard der Küste im 19. Jahrhundert ihren Namen gegeben: la Côte d’Azur. Er widmete ihr gleich ein ganzes Buch.
Neben mir steht Michel, der im Var arbeitet und schon jahrelang dort lebt. An irgendjemanden erinnert er mich… Ist es Luis de Funès, der als lustiger Polizist an der Côte d’Azur sein Unwesen trieb? Oder eher an Jean-Marc Barr aus dem Film „Im Rausch der Tiefe“?
„Einen kleinen Teil haben sie dort gedreht.“, Michel zeigt nach Hyères, Richtung Port du Niel. Die Szene: Enzo kommt an, in einem schnittigen roten Boot, gespielt von Jean Reno. Zurück aus den Tiefen des Meeres, die den Apnoetaucher wie ein Sog anziehen.
Herbe Schönheit
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich den Film gesehen habe. „Le Grand Bleu“ hat mich immer wieder aufs Neue fasziniert. Es ist viel mehr als ein Taucherfilm, es ist ein Film über die Schönheit und Faszination des Meeres. Unsere unstillbare Sehnsucht danach.
Und letztendlich ein Film über die Unmöglichkeit, zu unserem Ursprung zurückzukehren. Im Film endet es mit dem Tod. Wir können nicht ohne Hilfsmittel unter Wasser bleiben. 3,5 Milliarden Jahre Evolution, unumkehrbar.
Vor uns das Mittelmeer, hinter uns das „Massif des Maures“. Ein Gebirge und Teil eines Kontinentalgebiets, von dem einst Korsika und Sardinien abdrifteten. Und es hat viel von deren wilder, herber Schönheit. Hier, im Département Var, ist die Côte d’Azur nicht mondän, sieht man mal von Saint-Tropez im Sommer ab.
Auch der Lavendel steht noch nicht in voller Blüte. Über schmale Serpentinen sind wir durch die Berge gefahren, ganz klassisch mit einem 2CV, dem schönsten aller Autos. Um uns herum der Duft der Pinien und Zypressen. Eichen säumen unseren Weg, es gibt ganze Korkeichenwälder in der Gegend.
L’entrée maritime
Jede Kurve ein Wiegen nach rechts, ein Wiegen nach links, jedes Gefälle eine Herausforderung für die Bremsen, die mittlerweile leicht quietschen. Dann endlich das Meer. Nach dem Grün haben wir das Blau erreicht, das ganz große Blau.
Im Jardin des Méditerranés, dem „Garten der Mittelmeere“ in Le Rayol, spazieren wir an allerlei exotischer Botanik wie asiatischem Bambus entlang. In diesem dichtem Gewirr der Pflanzen stelle ich mir aus dem Boden dampfende Feuchtigkeit vor. Nebel, der alles vereinnahmt.
Prompt lerne ich einen neuen Begriff auf Französisch. „Nebel haben wir nicht. Doch die ‚entrée maritime‘ – ein Phänomen im Sommer, meist zwischen 8 und 10 Uhr morgens“, klärt Michel mich auf. Feuchte Massen dringen vom Wasser an die Küste.
Das Meer klopft an die Haustür.
Am Strand der Domaine angekommen, schauen wir sehnsüchtig auf den Unterwasserpfad, wo die kleineren Gäste des Gartens im Sommer die Flora und Fauna entdecken können. Unter Wasser! Und dabei machen sie via Kamera „winkewinke“ zu Mama und Papa am Ufer.
Jetzt dauert es nicht mehr lang. Michel führt uns an die Plage du Pellegrin, damit auch wir ins große Blau eintauchen können. Und er gibt uns noch einen Tipp: „Am schönsten sind die kleinen Strände im Var. Eine Bucht, die nur zu Fuß zu erreichen ist. Du bist fast allein dort, lernst vielleicht einen Fischer kennen. Oder ein paar Leute, die da immer schnorcheln. Vielleicht verliebst du dich.“
Die Plage du Pellegrin wirkt auch nicht gerade überlaufen an diesem heißen Junitag. Das Wasser ist ideal, salzig und leicht erfrischend. Ich könnte ewig drin bleiben, verkünde nicht ohne Stolz: „Ich bin ein Fisch.“ Oder war mal einer. Aber das ist zirka 3,5 Milliarden Jahre her.
Text und Fotos: Elke Weiler
Hier geht weiter in rasanter Fahrt mit dem 2CV durch die Provence…
Herzlichen Dank an Atout France und Var Tourisme, die diese Reise ermöglicht haben.
Ach, wie schön: Ich habe mich direkt verliebt! Auf die Hüte bin ich auch gespannt, denn davon gab es ja schon einen kleinen, feinen Vorgeschmack auf Instagram! A bientôt, Jutta
Ja, liebe Jutta, die Hüte! Das war seeeeehr interessant… ;-)
Ach wie schön, waren auch meine erste Gedanken. Aber diese Worte sind ja jetzt schon belegt ;-) Dann sag ich einfach HACH!
LG Simone
Und du verstehst bestimmt auch, warum wir dort alle anheuern wollten, liebe Simone?! :-D
Hallo Elke,
wieder einmal ein stimmungsvoller Bericht. Vor zwei Jahren zog es uns mit den Kindern grob in die Nähe von Hyères ans Wasser. Es ist wirklich eine Stimmung für sich. Das Blau, der Duft. Auch wenn wir die Lavendelfelder vergeblich suchten…
Ja, der Lavendel scheint in einer anderen Ecke zu sein. Wir haben auch nur den direkt beim Chambre d’Hôtes gesehen. ;-)
sehr schönen Bericht,erinnert mich an meinen ersten Trip mit Interrail 1974,was für eine traumhafte Ecke.In St.Raphael habe ich schrullige englische Touristen in phantasiereichen Kostümierungen und ‚oben ohne‘ badende Französinnen erlebt,solche Bilder prägen das Leben ;-)
Ein toller Bericht und Bilder! Da freut man sich doch um so mehr auf die nächste Reise, in die Provence (welche schon in Planung ist).