Durch Zufall bin ich in die Tourismusbranche geraten. Ende der 90er Jahre beschloss ich eigentlich, eine Doktorarbeit in Kunstgeschichte anzugehen und suchte in Düsseldorf nach einem Studentenjob. So landete ich bei der LTU Touristik, die nun schon länger nicht mehr existiert. Da ich zuvor in einem Architekturbüro in der Öffentlichkeitsarbeit erste Erfahrungen sammeln konnte, freute man sich bei einem der Veranstalter und bot mir nach ein paar Tagen spontan einen Job in einer Pressestelle an. Sollte ich also meine Pläne bezüglich einer Doktorarbeit über das Düsseldorfer Schauspielhaus ad acta legen?
Es ging um den ersten richtigen Job, wenngleich dieser zeitlich befristet war. Wenn mir die Arbeit nicht gefiel, konnte ich immer noch zur Architektur zurückkehren. Das tat ich aber nicht, jedenfalls nicht in Form einer Doktorarbeit. Ich blieb zwei Jahre in der Pressestelle, fühlte mich in der PR aber deplatziert. Doch die Sucht nach dem Reisen hatte mich erwischt. Zwar bin ich auch vorher schon gereist, doch das berufliche Reisen ist anders, ganz anders. Je öfter du wegfährst, desto mehr gefällt dir dieses Leben aus dem Koffer. Der flotte Wechsel von exotischen Bildern, Klängen und Gerüchen, das ist wie ein hektischer Film, ein Leben im Zeitraffer. Die Gier nach neuen Eindrücken, exotischen Erlebnissen. Von Flugscham keine Rede. Bali, Kuba, Jamaika – alles wunderbar? Nein. Pressereisen bedeuten für alle Beteiligten enormen Stress. Für die Organisatoren wie für die teilnehmenden Journalisten. Das Programm ist immer dicht, ein Punkt jagt den nächsten, und von Veranstalterseite kannst du dich kaum ausklinken, wenn man abends noch zusammensitzt. Die Gespräche drehen sich oft um Vergleiche, denn hier sind vor allem Vielreisende unterwegs. Doch lernte ich viele tolle Menschen kennen, die mich über die Jahre begleitet haben. Hier und dort trifft man sich wieder, die Branche hat etwas von einer riesengroßen Familie.
Während meines ersten richtigen Jobs nutzte ich den Urlaub für ein Praktikum und freie Mitarbeit in der Lokalredaktion einer Tageszeitung. Nach zwei Jahren wechselte ich die Seiten. Ich profitierte von den neuen Kontakten und konnte rasch meine erste Reisereportage im Magazin landen. Wunderbar. Ein nicht immer rosiges Leben als Freelancerin begann, das ich zwischendurch gegen eine feste Redakteursstelle tauschte. Auch hier sah ich nach zweieinhalb Jahren keine Entwicklungsmöglichkeiten. Seit 2004 habe ich mich schrittweise von der Printjournalistin zur Onlinerin entwickelt. Vieles, was damals im Netz als angesagt galt, ist heute zum Glück Vergangenheit. Inzwischen ist auch ein Longread im Internet nicht mehr verpönt. Überhaupt wollte ich mich ja lösen, emanzipieren, das eigene Medium kreieren, die eigenen Themen, einen anderen Stil. Persönlicher, näher dran, authentischer. Weg von zu viel Geschmeidigkeit, weg mit den Floskeln, den Klischees, den Füllwörtern. Ein längerer Weg.
Ab 2011 tritt Meerblog in Erscheinung. Fragt mich bitte nicht, wie das anfangs hier aussah. Kraut und Rüben! Ich freute mich, meine neue Umgebung am Meer zu entdecken und alles hier festzuhalten. Und die neue Hundekolumne zu installieren, aufgrund von Julchens starker Persönlichkeit eine logische Entscheidung. Die Situation mit Hund im Heim war ebenfalls neu, Julchen agierte manchmal so fordernd, wie ich es von den Scharen an Meerschweinchen einfach nicht gewohnt war. Als wir von Husum wie geplant aufs Land zogen, entwickelten sich weitere Themen für den Blog. Das wilde Landleben! Noch ein neuer Horizont also, denn zuvor sah ich alles mehr oder weniger durch die Reisebrille gesehen. Das erlaubte mir, noch weiter vom Erlernten wegzurücken. In Düsseldorf hatte ich bereits mit dem Bücherschreiben begonnen, 2006 ein Restaurant-Report, dann kamen die Architekturbücher. Was für ein gutes Gefühl, mich auch als Kunsthistorikerin wieder einbringen zu können.
Seit ein paar Jahren rumort es in mir. Zwar liebe ich das Reisen und freue ich mich auch jedes Jahr, wenn Meerblog als bester deutschsprachiger Reiseblog ausgezeichnet wird. Doch überlege ich schon länger, das CO2-intensive, professionelle Reisen durch sinnvollere Aufgaben zu ersetzen. Natürlich möchte ich weiterhin unterwegs sein, aber in abgespeckter Form. So wie vor über 20 Jahren. Den Absprung habe ich bislang nicht geschafft. Dann kam die Pandemie und zeigte mir, dass es auch ohne Reisen geht, sehr gut sogar. Dass man dort zufrieden sein kann, wo man lebt und rundherum. Dass man nicht fliegen und nicht fliehen muss. Und dass so viel vom Atem der Welt in mir ist, was nicht zwangsläufig vom intensiven Reiseleben herrührt, sondern auch von einer offenen Grundhaltung. Genau deswegen habe ich mich in den letzten Jahren mehr und mehr dem Slow Travel gewidmet.
Gezwungenermaßen war ich in den letzten zwölf Monaten mehr Lifestylebloggerin und vor allem mehr Buchautorin als je zuvor. Und das soll so bleiben. Ich werde insgesamt nicht nur weniger reisen, sondern auch weniger bloggen und mich mehr den Büchern widmen. Wie gehabt setze ich auf individuelle Recherchereisen. Wenige, ausgesuchte und vor allem kombinierte Trips, so dass ich nicht nur für drei Tage quer durch Europa düsen muss. Für mich sind gute Reisegeschichten wie Lokalreports aus anderen Ländern. Ich liebe diesen Austausch, der besser wird, je länger man sich irgendwo aufhält, wobei nicht nur der Zeitfaktor eine Rolle spielt. Natürlich bin ich sehr dankbar für all die Erlebnisse der letzten 20 Jahre, doch nun ist eine neue Zeit angebrochen. So habe ich unzählige Ideen, was das Leben, Bloggen und Reisen in Zukunft angeht. Doch zunächst gilt meine größte Anstrengung den Büchern, die ich in diesem Jahr noch fertigstellen soll. Auf eines freue ich mich ganz besonders, und ich hoffe, dass es meine neue Ausrichtung stärken und auch möglich machen wird.
Alles Liebe,
Elke
Foto: Stine Jans
Liebe Elke.
ein wenig erinnere ich mich auch an die Zeit des beruflichen Reisens. Was sich allerdings auf europa beschränkte. Dafür aber nur wenige Länder ausliess.
Leben aus dem Koffer. Abendessen, wenn man eigentlich schlafen will. Bei Elternbesuch die Restauranteinladung ausschlagen, weil man endlich mal wieder an einem heimischen Tisch sitzen möchte. Aber auch ein schrumpfender Freundeskreis, der nicht mehr fragt, ob man mit kommt. Weil man ja wahrscheinlich schon wieder auf Tour ist.
Mancher Impfmarathon, wenn es in die ärmeren Länder ging. Hotels, die manche Nacht eine ganze Monatsmiete kosteten. Begegnungen, die einzigartig und meist auch einmalig blieben. Eine Beziehung, die es nicht mehr ertragen konnte, dass es schon wieder in den Osten ging.
Eine Infektion, die mir fast das Augenlicht kostete und ein Land, welches ich so gerne wiedersehen würde und es seitdem nie geschafft habe. Vorurteile, die ich abgebaut habe und Horizonte, die soviel weiter wurden.
Sich unterwegs auf das Zuhause freuen und die Unruhe zu hause, endlich wieder unterwegs zu sein. Die Lust an Hotels zu verlieren und die Neugierde an fremden Menschen und Kulturen zu gewinnen.
Und sich nun in dieser Zeit tatsächlich neu auszurichten und vielleicht anders zu reisen. Etwas anders. Ich verspüre gerade keinen Drang, aber durchaus schon Lust, wieder unterwegs zu sein.
Bin sehr gespannt und neugierig, wie es mit Dir und euch weitergeht.
Lieber Gruß
Kai
Lieber Kai,
übers Impfen habe ich mir vor der Pandemie noch nie den Kopf zerbrochen. :-D
Was du beschreibst, ist natürlich noch mal eine Nummer härter, weil du vermutlich vor Ort nie Zeit für das jeweilige Land hattest.
Ich frage mich seit einigen Jahren, ob mein Job überhaupt Sinn macht, auch wenn man mir sagt, dass ich ihn gut mache. Das Gefühl hat während der Pandemie seinen Höhepunkt erreicht, und obwohl ich mich schwer vom Reiseleben trennen kann (ich tue das ja eigentlich auch nicht, oder sagen wir, zur Hälfte), muss ich einmal damit anfangen.
Ihr habt doch bestimmt gerade jede Menge damit zu tun, euch in eurem neuen Leben einzurichten? :-)
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!
Elke
Ja, jetzt schauen wir hinter die Kulissen eines Urlaubslandes. Und ehrlich- das hat meine Befürchtungen noch übertroffen. Alles ist geregelt, nur nicht zu Ende. Frag drei Behörden und Du bekommst vier unterschiedliche Antworten. Wir fühlen uns gerade im Niemandsland. Du kannst nur schwer etwas nach Vorschrift tun ohne dafür eine andere Vorschrift zu brechen. Aber das Haus ist schon ein Traum.
Doch, als ich damals unterwegs war, habe ich mir immer Zeit genommen für die Umgebung. War mit den Kollegen unterwegs, war bei Familien eingeladen, habe mir Dinge angeschaut. Und ja, ich war mir bewusst, immer irgenwie auch Botschafter des eigenen Landes zu sein.
Und, ob Dein Beruf rund um das Reisen Sinn gemacht hat? Genau deswegen. Weil Du Botschafterin des eigenen Landes bist und wie ich mir das so vorstelle, sogar eine ziemlich gute. Und weisst Du was? Unweigerlich bist Du eben dadurch auch zur Botschafterin des besuchten Landes geworden. Und gerade, was ich in Deinem Blog lesen kann, das macht nicht Lust, irgendwelche Highlight rund um den Globus zu knipsen. Nein, es macht Lust, den Menschen an diesen Orten zu begegnen. Ist doch ziemlich toll, oder?
Und wer weiß, vielleicht wärst Du ohne das Reisen ein ganz anderer Mensch. Habt auch ein schönes Wochenende.
Das kann ich mir vorstellen! Etwas, dass einen beim Umziehen (neben dem Karton ein- und auspacken) am meisten nervt. Frag bitte nicht, wie es in Italien war, auch im Zusammenhang mit der Meldebestätigung für die Uni! Sowohl Amt als auch Uni wollten zuerst die Bestätigung voneinander. :-))))
Ich glaube, am meisten prägen einen die Orte, an denen man gelebt hat. Und natürlich die Leute, die Tiere, die Pflanzen, mit denen man sich umgibt. Und die Ämter! :-D
Und nun botschafte ich mich mal für eine Frittata im Erdgeschoss!
Neidvolle Grüße nach Dänemark! ;-) Euch auch ein schönes Wochenende!
Ich bin sehr gespannt, wie es hier und mit deiner Arbeit weitergehen wird. Eines aber weiß ich jetzt schon:
Es wird nicht nur mir sehr gut gefallen.
Von Herzen alles Gute auf deinem Weg, Marion
Danke dir, liebe Marion, fürs Mutmachen und die schmeichelhaften Worte!
Ich wünsche dir dasselbe und freue mich, wenn wir uns dann irgendwann endlich kennenlernen!
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende! Elke
Vielen Dank.
Ja, das Treffen steht noch aus und ich freue mich drauf. Wann und wo auch immer das sein wird.
Was für ein ausgesprochen guter Plan!
Das hoffe ich. ;-)
Das Reisen wird irgendwann wieder möglich sein, aber es ist wahrscheinlich nicht mehr so wie vor der Pandemie.
Das ist die Frage, ob viele Leute umdenken, und wie sich das Angebot ändern wird (also mehr Nachtzüge etc.).
Liebe Elke,
ich bin gespannt, wohin Deine „Reise“ Dich führen wird und werde Dir selbstverständlich treu bleiben.
Viele Grüße und ein paar dicke Schmatzer an Julchen und Janni von Suri und Raban
und natürlich auch von mir
Martina
Liebe Martina,
ganz lieben Dank!
Es wäre schön, wenn wir uns doch irgendwann wieder mal treffen würden! So wie in der Lüneburger Heide. :-)
Auch von Julchen und Janni dicke Schmatzer zurück! Und Julchen wird dir etwas schicken, sobald es fertig ist. Wir sind nun beide sehr ungeduldig bis zum nächsten Frühjahr! ;-)
Alles Liebe,
Elke
Moin,
mich hat letztes Jahr ein Schlaganfall wieder geerdet und ich musste nach 20 Jahre der Bloggerei mich auch damit beschäftigen, was nun? Denn nach viel Arbeit kommt viel Freizeit…. Du machst es ganz richtig und entscheidest dich. Bloggen ist immer Herzenssache, wie andere Dinge auch. Man muss denen nachgehen. Viel Spaß als Autorin ;) und um welche Richtung geht es?
Markus
Moin! Das ist natürlich heftig! Hoffe, du hast einen Weg für dich gefunden. Meiner bahnt sich schon seit längerem an. Grundsätzlich kehre ich weder dem Blog noch dem Reisen den Rücken zu, möchte mich in Zukunft aber mehr auf Fiktion und Bücher konzentrieren. Dazu ist der erste Schritt gemacht, hoffe, es geht weiter so.
Ja habe, auch dank meiner Frau… Ich bleibe beim Bloggen, aber mehr für die Häuslebauer und wandern wird wieder mehr zum Hobby… und ich habe ja noch mein Dachzelt und Malamutehündin Laila.
Das klingt gut! Alles Gute für dich und noch einen schönen Sonntag!
Ich habe dich zwar nur einmal auf einer Pressereise in Meck-Pomm getroffen, aber seitdem habe ich immer deinen blog gelesen und Julchens Leben verfolgt. Ich glaube, dass für viele Menschen dieses eine Zeit zum Nachdenken und auch Umdenken geworden ist und ich hoffe so sehr, dass es nicht eines Tages wieder same procedure sein wird wie vor Corona. Dir viel Erfolg in deinem neuen Umfeld. „Man muß Zukunft im Sinn haben.“ (Talleyrand)
Lieber Jürgen, das ist schon eine ganze Weile her, nicht wahr! :-) Es freut mich sehr, dass du dageblieben bist. Meine Hoffnung geht in die selbe Richtung. Da möchte ich gerne mit gutem Beispiel vorangehen. Dir alles Gute! Bis vielleicht irgendwann mal wieder irgendwo! Liebe Grüße!
Deine Gedanken kann ich sehr gut nachvollziehen und mir geht es ganz ähnlich. Ich möchte allerdings wieder vermehrt so reisen wie damals als Student: Also statt vielen kurzen lieber wenige, dafür aber lange Reisen. Denn wenn ich drei Monate in Indien oder Südamerika bin, empfinde ich das mit dem grossen Fussabdruck etwas weniger belastend. Und auch ich möchte stärker auf Bücher setzen. Zum einen, weil ich das Medium mag und zum andern, weil mich zunehmend diese Anti-Blogger-Stimmung nervt. Da frage ich mich immer öfters, wieso ich für diese Leute kostenlos Inhalte aufbereiten soll.
Hi Oli, das denke ich mir allerdings auch oft! Ende letzten Jahres habe ich es mal mit Steady versucht, das ging in die Hose, würde ich sagen. Daher bleiben die Bücher und die Advertorials, was auch nicht schlecht ist. Aber ganz ohne Blog, das würde sich auch verkehrt anfühlen! Ganz ohne Reisen ebenso. Daher bleibt die Alternative, länger vor Ort zu sein und dafür weniger im Flieger etc. Klar, gerade wenn es um Fernziele geht. Das Problem bei mir ist, dass mehrere Monate hintereinander nicht möglich sind. Aber solche Trips wie sechs Tage für zwei Flugziele in Asien habe ich in der Vergangenheit auch nicht zugesagt. (Obwohl mich die Ziele natürlich schon gereizt hätten.) Liebe Grüße, Elke
Für eine Woche bin ich auch noch nie nach Asien gefolgen… Das war mir – neben den ökologischen Überlegungen – auch immer zu anstrengend. Aber ich habe halt viele kürzere Sachen in Europa gemacht. Und das summiert sich leider auch.
Nein, ganz auf den Blog würde ich nicht verzichten wollen. Da habe ich schon zu viel Energie reingesteckt, um das aufzugeben. Aber die Motivation hat in den letzten Jahren wegen dieser Stimmung schon ein bisschen nachgelassen.
Ich wurde kürzlich in einer grösseren Schweizer Tageszeitung erwähnt und unter dem Artikel waren lauter Hass-Kommentare. Es ist nicht so, dass mich das verletzen würde, aber wenn ich sowas lese denke ich halt immer mehr: Wieso soll ich solchen Leuten kostenlos Informationen anbieten. Dann kauft euch doch Bücher für 20 Euro, wenn ihr Blogs so schlimm findet.
Stimmt! Oder für 30 Franken. :-) Vielleicht war das auch ein bisschen die Aufmachung vom Artikel gewesen, die den Unmut erzeugt hat. Die Nerven liegen blank, überall. Und dann kommt noch diese Influencer-Natur-Geschichte dazu. Da will man doch ständig nur betonen, eine kleine Bloggerin zu sein. ;-)