Am Saltstraumen im Nordnorwegen
Der stärkste Gezeitenstrom der Welt? Saltstraumen. So lautet unser erstes Ziel im Norden Norwegens.
Wir sind jenseits des Polarkreises, die meisten zum ersten Mal in ihrem Leben. Am Ende unserer Hinreise über Oslo nach Bodø (sprich: buda) tauschen wir den Flieger gegen ein schnittiges Schlauchboot und stülpen voluminöse Floating-Anzüge über unsere viel zu leichten Sommerkleider.
Die Schutzanzüge sind nicht nur wasser- und winddicht, sondern sollen bei „Mann über Bord“ länger vor der Eiseskälte im Wasser schützen und als Schwimmhilfe Auftrieb geben.
Fertig für die Bohrinsel und etwas ungelenk wie aufgeplusterte Reifenherstellermännchen wanken wir den Steg hinab zum Wasser. Als wir das RIB (Rigid inflatable boat) mit seinen Haltestangen und gepolsterten Sitzbänken besteigen, ahnen wir nichts Böses.
Die Sonne lacht zumindest zeitweise, gleich neben uns liegt eines der Hurtigruten-Schiffe ruhig vor Anker, und es ist wohl die richtige Zeit für den Gezeitenstrom Saltstraumen. Gummistiefel, Mütze – ok. Aber Handschuhe und Schutzbrille? Mal schauen, ob wir die wirklich brauchen.
Knut meint, schon. Er ist Bootsfahrer und Guide in einem, gibt sich väterlich beschützend, hilft beim Schließen der letzten Reißverschlüsse und klopft dem einen oder anderen noch mal ermunternd auf die Schulter, bevor er Gummi gibt.
Schneller Saltstraumen, schneller Knut
So düsen wir zunächst ganz gemütlich aus der Hafenbucht hinaus, eingeklemmt zwischen gebogenen Stangen, der jeweiligen Rückenlehne der Vordermanns und der eigenen. Wer wie ich eine größere Vorsitzerin erwischt hat, freut sich über den natürlichen Windschutz, denn Knut tritt im bewegten Saltfjord aufs Gas.
Das wilde Wellen-Hopping startet! Mit Wucht klatschen wir immer wieder aufs Wasser – es ist wie ein Rodeo ohne Bullen. Schöne Grüße an die Bandscheiben! Eine Geschwindigkeit von 35 Knoten schafft das Powerboot locker, doch Knut hält sich zeitweise zurück, reduziert und versucht die Wellen zu schneiden.
Wir haben noch lange nicht unser Ziel erreicht. Auf dem Weg zum Gezeitenstrom macht Knut hier und dort einen Halt. Erzählt über Papageientauscher, Seeadler, Eiderenten und erklärt die wundersamen Felsformationen im Schärengebiet.
„Wisst ihr, wie alt meine älteste Passagierin bislang war?“ Wir raten ein bisschen – die Fahrt geht ja ganz schön in die Knochen… Dann rückt Knut raus mit der Sprache: „98! Sie war begeistert von der Tour. Wollte dieses Jahr wieder kommen, doch ich hab sie noch nicht gesehen.“
Gezeitenwechsel mit 40 km/h
Uns wundert das nicht wirklich. Der wilde Knut ist zweifelsohne ein Nachfahre der Wikinger. Den Fahrtwind im Gesicht entdecken wir einen Zweimaster am Horizont und inmitten der weiten Wassermassen ein unbändiges Gefühl von Freiheit.
So muss eine Norwegen-Reise beginnen! Wohl beeindrucken uns die Strudel des berühmten Saltstraumen weniger als Knuts Fahrstil, auch wenn durch den Gezeitenwechsel hier die Wassermassen mit 40 km/h durch den 150 Meter schmalen Sund zwischen zwei Inseln gepresst werden.
Nach dem etwa zweistündigen Meeresrafting kehren wir beschwingt bis gut durchgerüttelt zurück an Land. Trotz der Schutzkleidung hilft jetzt nur noch eines: kontinuierlicher Auftaumodus.
Wie gut, dass unser nächster fahrbarer Untersatz auch warme Chillout-Zonen verspricht: Wir steigen um auf die MS Vesterålen. Unser Kurs: auf der Hurtigruten-Strecke in Richtung Lofoten.
Text und Fotos: Elke Weiler
Mit Dank an Innovation Norway, die diese Reise ermöglicht haben.
Diese Felsformationen sind ja der Wahnsinn, ich würde hinlaufen. Denn Boote sind einfach nicht mein Ding. Sehr schön, danke.
LG sendet Daniela
Danke, liebe Daniela! Aber es kann sein, dass man dort nur mit dem Boot hinkommt… Kannst ja eine andere Sorte nehmen ;-)