Zwei Wasserstrahlhochdruckdüsen lassen die „Adler Express“ mit Volldampf über das Wattenmeer sausen. Von Nordstrand legt sie zwei Mal täglich Richtung Sylt ab und verbindet dabei Hooge, manchmal Gröde sowie Amrum mit der nördlichsten deutschen Insel.
Das darf sie im Nationalpark nur, weil sie hier schon vor Erlass der entsprechenden Geschwindigkeitsbegrenzung die Gäste im Sausewind auf Halligen und Inseln brachte. Wird dieses schnelle Schiff schwedischen Fabrikats einmal nicht mehr für die Reederei im Einsatz sein, hat sich das Thema für den Umweltschutz erledigt.
Noch aber geht es von April bis Oktober mit maximal 33 Knoten auf Syltkurs, was in etwa 62 km/h entspricht. Wer Robben sehen will, sollte auf eines der kleineren Schiffe ausweichen, die besondere Touren unternehmen. Entlang der Schnellschiffroute fühlen sich die Meeressäuger nämlich nicht wohl.
Es windet stark, und da nimmt es schon Wunder, wie ruhig das Schiff im Fahrwasser liegt. Zwei Stabilisatoren sind dafür verantwortlich, alles ist auf den Komfort des Fahrgastes ausgerichtet. Die Tour fängt gut an, denn über der Insel Pellworm gleich hinter Nordstrand leuchtet ein Regenbogen auf.
Der Kapitän berichtet über Nordstrandischmoor zur Rechten mit seinen 20 Bewohnern, davon drei Kinder mit eigener Schule, und wir sehen eine Handvoll Gebäude aus dem Meer herausragen. Zu Fuß oder mit der Lorenbahn sei die Hallig erreichbar.
Dagegen ist die Hamburger Hallig, unser nächster Fixpunkt, durch einen vier Kilometer langen Damm mit dem Festland verbunden und daher auch per Fahrrad oder Auto zu erkunden.
Über uns tummeln sich Wolken, die etwas Regen abwerfen, und durch die Schnelligkeit des Schiffs spritzt auch immer wieder die Gischt auf die Außendecks. Wir steuern auf Gröde zu, ohne anlegen zu wollen, und erblicken rechts die kleinste aller Halligen: Habel, sechs Hektar groß und nur im Sommer von einem Vogelwart bewohnt. Ringelgänse und Küstenseeschwalben lieben sie.
Die Sonne bricht wieder durch, während wir mit verlangsamter Fahrt an Deutschlands kleinster politischer Gemeinde auf Gröde vorbeiziehen. Bei Bedarf kann hier auch ein Stopp eingelegt werden.
Die Express zieht wieder an, und wir haben die so sorgfältig aneinander gereihten Häuser einer langgestreckten Hallig im Visier: Langeness. Wahrend ich versuche, einen neuen Regenbogen im Wattenmeer fotografisch zu fixieren, gibt mir das Meer eine Breitseite. Frisches Salzwasser auf den Lippen.
Und nur noch acht Minuten bis zum nächsten Halt. „Wer will zur Hallig Hooge?“, tönt es durch die Lautsprecher. Wegen des Nordwestwindes scheint sich das Anlegen heute zu einem Abenteuer zu gestalten.
Der Kapitän gibt durch, dass man es trotzdem versuchen werde: „Sie werden auf jeden Fall nasse Füße bekommen!“ Doch zwei Passagiere nehmen das in Kauf, denn sie haben gebucht. Der Wind drückt das Schiff gegen den Anleger, und der Kapitän mahnt zum Sitzenbleiben. Das Wasser spritzt über den Steg, als die Gäste zügig aussteigen, Timing ist alles. Sie schaffen es!
Schnell geht es weiter mit Kurs auf Wittdün, während sich das grüne Föhr auf der rechten Seite abzeichnet. Es ist die bewegteste Strecke der ganzen Fahrt, wir schaukeln gen Amrum. Da ist es auch schon: der grell aufleuchtende Kniepsand, die Dünen, der Leuchtturm – einer der höchsten der deutschen Nordseeküste und der erste Nordfrieslands.
Ein Großteil der Passagiere steigt wie ich hier aus, während der Rest nach Sylt weiter düst. Amrum, die westlichste der nordfriesischen Inseln, empfängt die neuen Gäste mit einer herbstlichen Regenschauer. Doch sie hat für diesen Tag noch genug Sonnenschein parat. Und dampfende Waffeln nach friesischer Art.
Text und Fotos: Elke Weiler