Roadtrips im Buch

Roadtrips

Derzeit sieht es so aus, als würden immer mehr Leute in ihren oder irgendeinen Van steigen, um sich unabhängig und flexibel zu bewegen. Als würden sich immer mehr Reisende auf eine längere Wanderung oder Radtour begeben, um mehr Zeit im Grünen zu verbringen. Näher dran zu sein, am Leben, an der Natur, der Familie, Freunden und sich selbst, scheint ein wachsendes Bedürfnis zu sein. Ob man dabei nun exakt plant oder spontan vorgeht – wie etwa die Autoren des Buches „Einfach loslaufen“ – ob es um die maximale Entspannung oder die Jagd nach der großen Freiheit geht, ist eigentlich egal.

Jedenfalls führt nicht jeder Roadtrip zwangsläufig auf zwei bis vier Rädern irgendwohin. Und längst nicht jeder ist als Selbstfindungstrip gedacht. Zuletzt habe ich von einer ungewöhnlichen Reise gemeinsam mit einem Tier berichtet: „Seefahrt mit Huhn“ heißt das Buch vom Abenteurer Guirec Soudée, das mich fasziniert hat. Am Ende nicht nur, weil Henne Monique diese Reise an Bord des Segelschiffes begleitet hat, sondern weil ich einfach das Gefühl hatte, die Erlebnisse eines Freundes zu verfolgen und mitzuzittern, wenn mal wieder alles quer läuft. Doch ehrlich gesagt, faszinieren mich die Erlebnisse mit Einheimischen abseits aller Extremerfahrungen wesentlich mehr. Zum Beispiel all das, was Guirec aus dem grönländischen Dorf Saqqaq erzählt. Auch beim Lesen bin Slow Travellerin.

Wie man neue Erfahrungen macht, eben weil etwas schief läuft, das kenne ich von meinem Roadtrip durch Skandinavien mit Hund Julchen und Ente Emilia. Bei der Scandi43-Tour ging es nie um Selbstverwirklichung oder um die Suche nach Veränderung. Es ging nie um Superlative, nie um das ganz große Abenteuer, nie um die riskante Herausforderung. Mich hat die Konstellation gereizt, die dadurch bedingte andere Art des Reisens und natürlich Skandinavien – wie immer.

Einmal habe ich die Bloggerkollegin Sonja nach ihrem Lieblingsbuch gefragt, und sie hat mir spontan „Der Salzpfad“ genannt. Da kam mir die Idee, ein paar Bücher über Roadtrips zusammenzustellen. Ausreichend Stoff kam zusammen, und das Gute ist: Wir müssen gar nicht zwingend alles nachreisen. Manchmal ist es einfach nur schön und inspirierend, jemandem zuzuhören oder ein gutes Buch zu lesen.

„Der Salzpfad“ von Raynor Winn

Vorgegestellt von Sonja Anwar| Delightful Spots

Existenz pfutsch. Kein Job in Aussicht. Dem Lieblingsmenschen droht eine wenig schmeichelhafte Krankheit. Hab und Gut finden Platz im online ersteigerten Zelt. Von außen betrachtet geht es Raynor und Moth aus Wales gelinde gesagt – bescheiden. Andere würden an dieser Situation zerbrechen, sei es als Individuum oder als Paar. In den beiden erwacht jedoch eine verrückte Idee.
1000 Kilometer zu Fuß auf dem Fernwanderweg South West Coast Path wandern, Englands längstem und wildestem Küstenweg. Sie ziehen los ohne Plan und wissen nicht, was sie erwartet. Ob Gesundheit und Geldbeutel mitspielen. Der Arzt rät, Anstrengungen bitte vermeiden. Das Budget gibt nur rund 50 Euro pro Woche her. Egal! Eine andere Lösung gibt es für das Paar gerade nicht. Also wagen sie es gemeinsam. Das Glück der Liebe und die Kraft der Natur scheinen der Türöffner für eine neue Zukunft zu sein.

Roadtrip zu Fuß
Wanderlesetipp „Der Salzpfad“, Foto: Sonja Anwar | Delightful Spots

Warum mir das Buch gefällt? Trotz Schicksalsschlag – Autorin Raynor Winn versinkt nicht in Selbstmitleid. Sie beschönigt auch nichts. Hunger und Durst wandern mit. Und bei Regen sind die klatschnassen Socken lästig. Sie treffen auf Mitwanderer und lernen schnell: Es ist schmaler Grat. Zwischen Selbstverwirklichung, mit bewunderndem Zuspruch, und Obdachlosigkeit, mit verachtenden Blicken.
Neben den Begegnungen sind es die Naturbeschreibungen, die dieses Buch liebenswert macht. Das Schwimmen bei Mondlicht, das Heidekraut am Wegesrand, der Flug eines Wanderfalken. Ein Buch mit viel Hoffnung und Natur, Bewegung und Liebe als Inspirationsquelle.

„Backpacking in Pakistan“ von Clemens Sehi & Anne Steinbach

Vorgestellt von Nicole Biarnes | Freibeuter Reisen

Vermutlich werde ich es so bald nicht schaffen, nach Pakistan zu fahren. Vielleicht werde ich überhaupt niemals in dieses ferne, exotische Land kommen. Gerade deswegen liest sich das Buch der Bloggerkollegen Anne und Clemens für mich wie ein Abenteuerroman. Durch ihre Augen erlebe ich diese fremde, aufregende Welt von zu Hause aus. Abenteuer auf der Couch quasi.

Backpacking, Buchtipp
Lese lieber ungewöhlich. Foto: Nicole Biarnes | Freibeuter Reisen

Ich reise mit ihren Augen, lache und bange mit ihnen, lerne wunderbare und auch ein paar nicht so nette Menschen kennen. Beim Lesen bin ich hautnah dabei, in Pakistan. Zum Beispiel, wenn die beiden zum Fairy Point fahren: Die rasante Fahrt auf einer Straße in 1850 Metern Höhe, die nicht mehr ist „als eine schmale Fahrrinne, seitlich in den Felsen gehauen“. Auch wer keine Höhenangst hat, krallt sich da an den Sitzen – und ich an die Sofalehne – fest. Ab und zu, wenn es wirklich kribbelig wird, halte ich vor lauter Aufregung auch schon mal die Luft an. Wirklich sehr packend geschrieben. Ein tolles Roadtrip-Buch!

„Wintertanz“ von Marit Beate Kasin

Vorgestellt von Kai-Torsten Steffens | mare.photo

Im letzten Sommer um diese Zeit sind wir hier, wo im Norden das Festland aufhört. Ich sitze mit meinem Hund im kargen Gras, wir machen Pause von unserer Tour. In der Nähe hören wir das unentwegte Heulen und Bellen der Tiere einer Husky-Farm. Das ganze Jahr trainieren sie für den Augenblick, wenn sie vor die Schlitten gespannt werden und mit ihren Musher zum wichtigsten und härtesten Schlittenhunderennen in Europa teilnehmen. 
Gestartet wird im 500 Kilometer entfernten Alta. Hier bei Kirkenes, wo wir jetzt sitzen, werden sie Pause machen, um dann den Rückweg anzutreten. Wie gerne wäre ich einmal dabei…

Hundeschlittenrennen
Kalt wird es beim „Wintertanz“ in Norwegen. Foto: Kai-Torsten Steffens | mare.photo

Zuhause angekommen habe ich ein Buch im Briefkasten, von einer Frau, die genau dieses Rennen erfolgreich bestreitet. In der Nähe von Lillehammer hat sie mit ihrer Lebensgefährtin einen Hof. Hier züchtet sie ihre treuen Gefährten, die sie liebt und bis zum äußersten fordert. Marit Beate Kasin beschreibt in ihrem Buch ihre Liebe zu den Tieren, aber auch ihren Ehrgeiz, die Herausforderungen an sich und die Hunde und die Freuden und Qualen, die mit diesen Rennen verbunden sind. Einige Bilder begleiten das Buch, aber es ist so eindrücklich geschrieben, dass ich eintauche in diesen Sport, dabei immer wieder an das sehnsüchtige Heulen der Tiere diese Husky-Farm im Ohr habe. Eines Tages möchte ich persönlich erleben, wenn Marit Beate Kasin ihre Tiere bei eisigen Temperaturen in dieser unwirtlichen Gegend antreibt. Bis dahin bleibt mir das Buch „Wintertanz“, dieses Rennen gefühlt hautnah mitzuerleben.

„Backpacking im Iran“ von Stephan Orth

Vorgestellt von Heiko Müller | People Abroad

Couchsurfing ist eigentlich im Iran nicht erlaubt. Stephan Orth hat es trotzdem gemacht, undercover, und er schreibt leidenschaftlich und voller Humor von seinem Trip sowie Land & Leuten, dass es eine Freude ist. Unterwegs schläft er auf unzähligen Perserteppichen, trinkt Rotwein mit seinen Gastgebern, fährt im muffeligen Schmugglerbus. Seine Reise durch das Land ist stellenweise recht anarchisch und vermutlich sind gerade deshalb seine Geschichten immer ganz nah dran am Alltag der Menschen, die er trifft, und man erhält einen guten Einblick in das Leben im Iran.

Couchsurfing
Schon ein Klassiker. Foto: Heiko Müller | People abroad

Schön finde ich auch die Fotografien im Buch und die kurzen SMS-Chats mit seinen Gastgebern, die jeweils in den Text eingeschoben sind. Was sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, ist die seine Neugierde und die großartige Gastfreundschaft der Menschen, die er kennenlernt. In dem Land, welches von westlichen Politikern auch schon mal als „Schurkenstaat“ bezeichnet wurde. Nach dem Buch möchte man direkt an die Reiseplanung für einen Iran-Trip gehen. Der steht bei mir definitiv noch aus!

„Roadtrip“ von Jennifer & Peter Glas

Vorgestellt von mir

Genauer gesagt, heißt das Buch „Roadtrip. Eine Liebesgeschichte“ und ich habe mich am Anfang gefragt, um welche Liebe es geht. Die zum Unterwegssein oder zu Frida, der das Buch gewidmet ist? Es ist ein stimmungsvoll fotografiertes, schönes, dickes, schweres Buch. Eines, dass man nicht so einfach im Bett oder in der Hängematte lesen kann. Ich habe es vor ein paar Jahren im Rahmen der Crowdfunding-Kampagne des Reisedepeschen Verlags erworben, um es eines schönen Tages lesend zu genießen. Jetzt also.

Das Autorenpaar kennt sich gerade viereinhalb Monate, als die beiden einen alten Unimog-Van erstehen und beschließen, damit gen Osten zu düsen. Andere wären einfach nur zusammen gezogen, doch Jennifer und Peter wollten mehr Zeit füreinander haben und ihr bisheriges Leben hinterfragen. Also weg mit den Jobs, den Wohnungen, den mehr oder weniger geregelten Tagesabläufen. Als sie dann nach der Planungsphase von München aus in Richtung Italien starten, heiraten die beiden erst einmal – in Venedig. Im Buch berichten sie abwechselnd von ihrem insgesamt 30 Monate andauernden Trip nach Wladiwostok und zurück.

Roadtrip
34 Länder in 30 Monaten

Ich bin ein großer Fan von vierhändig geschriebenen Büchern, auch wenn es wenige davon gibt und das Sujet natürlich passen muss. Es ist abwechslungsreich zu lesen und kann sich – wie in diesem Fall – perfekt ergänzen. Nicht jedem der 34 besuchten Länder kommt es gleich großer Bericht zugute, exotische Länder wie der Iran und Indien haben es den Reisenden einfach mehr angetan. Ich mag die Erzählung aus der Mongolei besonders gern, die mit mongolischen Sprichwörtern gespickt ist. Das erweckt den Eindruck, als bildeten Sätze wie „Weilt der Gast auch nur kurz, so sieht er trotzdem viel“ einen Bestandteil der vielzitierten Freundlichkeit der Einheimischen. Außerdem geht es hier Offroad, und da zahlt sich der Unimog einfach aus.

Nach größeren technischen Problemen düst der Van auch schon bald dem Ende der Reise zu. Eine neue beginnt, als etwa zehn Monate nach der Rückkehr Töchterchen Frida geboren wird. Fazit: Dieser Roadtrip ist eine echte Lovestory. In jeder Beziehung.

5 thoughts on “Roadtrips im Buch

  1. Liebe Elke,
    eine bunte Auswahl hast Du da.
    Der Salzpfad ist eine absolut beeindruckende Geschichte. Manchmal muss man sprichwörtlich neue Wege gehen um weiter zu kommen. Das zeigt genau dieses Buch. Aber vielleicht muss man auch erst einmal alles verlieren oder loslassen, um neues zu gewinnen. Wären die beiden in ihrem Trott geblieben, sie hätten diesen Weg nie beschritten.

    Und dann die Bücher von Reisenden in den Iran oder nach Pakistan… Solche Reisenden kenne ich und ich ziehe den Hut davor. Was lebe ich selbst in einer Wohlfühloase und bin zugegebener Weise viel zu feige für solche Entdeckungen. Aber gut, dass man manche Reisen eben virtuell erleben darf. Wie mit diesen Büchern.

    Liebe Grüße an die Westküste
    Kai

    1. Lieber Kai,

      da hast du recht. Dieses Hinausgehen, um die Komfortzone zu verlassen. Meist lohnt es sich! Auch wenn das alles erst mal krass klingt. :-)
      Danke für den Wintertanz! Ich habe noch nicht angefangen zu lesen.

      Liebe Grüße und danke auch fürs Mitmachen!

      Elke

  2. Liebe Elke, ich lese gerade „die geilste Lücke im Lebenslauf“ von Nick Martin. Ich bin immer wieder fasziniert, wie manche Menschen einfach alles hinter sich lassen. Meine Cousine hat vor Jahren schon festgestellt, dass ich wohl etwas rastlos bin und mir ein Buch geschenkt mit dem Titel „Abenteuerlich Frauen Reisen“, aber getraut habe ich mich nie wirklich. Auf jeden Fall hast du mit deiner tollen Leseliste Lust auf mehr gemacht. Ganz liebe Grüße an alle!!

    1. Liebe Anja, das glaube ich dir! Das Gen fehlt mir allerdings, dieses Roadtrip-Gen. Was ich mir allerdings gut vorstellen könnte, wären längere Aufenthalte an bestimmten Orten, die mir bislang gut gefallen haben. ;-) Liebe Grüße an die ganze Familie!

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