Dubliner Teestunde

Tee mit dem City Greeter

Gregorianische Architektur, das muss schon sein. Denn dafür, jetzt mal abgesehen von den Pubs und der Musik, ist Dublin nun mal bekannt. Wir stehen vor dem Haupteingang des Merrion Hotels, im Herzen der Stadt, unweit der Regierungsgebäude, Nationalgalerie und -museum. Eigentlich sind es vier Stadthäuser, die den Haupttrakt des Merrion bilden.

Die Außenhaut, eine Einheit aus Regelmäßigkeit und Ruhe mit einem Hauch renaissancehafter Eleganz. Klar, symmetrisch und reich durchfenstert die Fassade, wie typisch für diese Zeit in Irland.

Es war die Zeit der Georgs, britische Monarchen, die vom 17. bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts auf dem Thron saßen. Damals veränderte sich Dublins mittelalterliches Stadtbild, Straßen wurden abgerissen, verbreitert, begradigt.

Elegante Townhouses flanktierten die neuen Verkehrsadern. Außen klassische Ausgewogenheit, innen üppiger Stuck und Ornament an den Decken – das Rokoko lebt. Elegant gekleidete Menschen laufen umher oder sitzen in der No.23 Cocktail Bar, in die Peter O’Dowd uns führt, das australische Paar und mich. Der 66-Jährige ist einer von ein paar hundert „Botschaftern“ der Stadt, die City Greeter.

Freiwillige, die frisch angekommene Gäste auf ein Bier, einen Tee oder Kaffee an einen von drei Orten führen. Entweder in eine Mikrobrauerei, in das älteste Café der Stadt oder eben ins ruhigere Merrion Hotel, für das sich die australischen Gäste spontan entschieden haben.

Merrion Hotel, Dublin
Gregorianische Fassade

Das Ganze ist gratis für beide Parteien, die Rechnung bezahlen Sponsoren der Aktion „City of 1000 Welcomes“, so hat es uns Simon O’Connor, der Kurator des Little Museums von Dublin eingangs erklärt. Persönlich hätte ich mich für das quirlige Traditions-Café entschieden, das natürlich prompt auf meine „To do“-Liste kommt.

Nun sitzen wir also mit Peter in der Hotelbar, der weibliche Part genießt den Tee, und die Männer trinken ein Guinness, ganz klassisch. Das brauche allerdings seine Zeit, meint der Kellner, damit es auch richtig „schokoladig“ wird, der Schaum fein und dicht. Länger als der Tee!

Meine marrokanische Minze wird sofort nachgeschüttet, sobald die Tasse leer ist. Der Trend geht bei Heißgetränken allerdings auch in Irland zum Kaffee, so erfahren wir. Der italienische Cappuccino – gnadenlos auf dem Siegeszug durch die Länder Europas, ja, der Welt. Wir plaudern munter über dies und das, das aktuelle Referendum in Irland, die nicht gerade üppige Wahlbeteiligung, über Australien und die Leistungen von Social Media.

Teestunde
Teestunde

Peter gibt uns gerne einige Tipps für unseren Stadtbesuch, betont aber, dass er natürlich kein professioneller Guide sei. Als Ingenieur a.D., der allein durch seinen Job mächtig in der Welt herumgekommen ist, lockert er seinen Rentenalltag durch den ehrenamtlichen Job hier und dann auf.

Was ihm denn an Dublin besonders gefalle, möchte ich von dem gebürtigen Nordiren wissen. Peter überlegt einen Moment: Die Stadt sei freundlich und entspannt, es gäbe immer Zeit für gute Gespräche in guten Pubs.

Auch wenn wohl die Zeiten vorbei seien, als man noch an jeder Ecke einen Bekannten getroffen hat. Denn die Atmosphäre Dublins hat sich in den letzten zehn Jahren internationalisiert. Beim Hinausgehen bleibt er plötzlich stehen und begrüßt freudestrahlend eine Nachbarin, die genau wie er gar nicht im Zentrum der Stadt lebt.

Die Welt ist eben doch klein. Und Dublins Stimmung intim. Aber das möchte ich in den nächsten Tagen selber herausfinden. Der Auftakt zumindest, der ist schon mal gelungen. Auch das australische Paar versichert mir später noch via Twitter: „Nice to meet you in Dublin today!“

Text und Fotos: Elke Weiler

Danke an Fáilte Ireland / Irland Information, die diese Reise ermöglicht hat.

3 thoughts on “Dubliner Teestunde

  1. Pingback: Dubliner Pub Crawl
  2. Ich war heuer im Sommer in Dublin. Eigentlich war es ja die Idee meines Freundes. Er wollte unbedingt nach Irland um dort Golf zu spielen. Ich fand die Idee eigentlich nicht so toll. Dachte mehr ans Regen und schlechtes Essen. Genau das Gegenteil war dann der Fall. Mein persönliches Highlight: Iren die ein paar Stunden in der Sonne liegen, sind einfach nur rot. Sonnenbrand vom Feinsten ;-)

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