In Sankt Peter-Bad
Der Beagle rast über die Salzwiesen. Hin und her, aufgeregt kläffend, vermutlich genarrt von einem Hasen. Sehr zum Ärger von Frauchen, das nun von der Strandbrücke hinab klettern muss, um den Hund auf verbotenem Terrain wieder einzusammeln.
Ich laufe weiter, für einen Samstagmorgen bei diesigem Novemberwetter ist überraschend viel los in Sankt Peter-Bad. Die Brücke versandet zunehmend, bald ist sie ganz verschwunden. Gleich bei der ersten Gelegenheit, an dem kleinen grauen Häuschen, verlasse ich sie, weil ich nicht gerne stur geradeaus laufe.
Ich gehe vor, zurück, nach rechts und links. Dreh‘ mich im Kreis. Hüpfe, springe, laufe. Aber in Sankt Peter fotografiere ich vor allem. Diese Nicht-Farben des Herbstmorgens. Diese Ödnis der flachen, weiten Landschaft. Was am besten dazu passt, ist die Leere. Gestern Abend zum Beispiel. In der Dunkelheit bin ich hinausgegangen, habe die flackernden Laternen hinter mir gelassen, vor mir nur noch das Rauschen des Meeres.
In der Dunkelheit wirken alle Gerüche und Geräusche intensiv. Nichts lenkt ab, ich bin eins mit meiner Umgebung. Doch auch nach meiner Rückkehr im Hotel höre ich es, das Meer. Bei offenem Fenster liege ich im Bett, und das bei Temperaturen unter 10 Grad – wie im Winter. Und ich schlafe tief und fest, in dieser dritten Etage über den Salzwiesen.
Als ich am nächsten Morgen die Gardinen auseinander schiebe und sich ein Panorama aus Prielen, Dünen und Meer vor mir ausbreitet, hält mich nichts und niemand im Hotel. Außer einem kleinen Frühstück. Ein Cappuccino. Frisches Brot und Croissants. Ein bisschen Lachs. Gut gestärkt, bewaffnet mit Gummistiefel, Schal, Mütze und Kamera laufe ich also erneut über die Strandbrücke, denn es gibt in Sankt Peter-Bad nur diesen einen Weg zum Meer.
Der wetterfeste Strand
Sportliche Frauen in Trainingsklamotten bewegen sich im Kreis. Ein paar Jogger, Radfahrer und Nordic Walker sind unterwegs, doch die meisten sehen genau so aus wie ich und gehen einfach spazieren. Immer Richtung Meeressaum. Immer dem Wind entgegen.
Ein Großer Brachvogel piekst mit seinem langen, gekrümmten Schnabel in einem Priel herum. Auf der Suche nach Würmern. Wie mit einem Strohhalm stochert er im Wattboden, manchmal verschwindet der ganze Kopf.
Jegliche Infrastruktur des Strands steht winterfest eingepackt da, die Duschen sind abgestellt, die Schaukeln weggepackt, die Toiletten verbarrikadiert. Der nächste Herbststurm kommt bestimmt.
Querstrandein
Rechts von der Brücke haben sich die Strandsegler großräumig ein Gebiet abgesteckt. Doch niemand beachtet die Markierungen, alle spazieren querstrandein. Einmal weg von der Brücke waltet das ganz normale Chaos. Bis eine Art Horn ertönt, und alle aus dem Segelgebiet verjagt. Denn jetzt legen sie los, die Neuen in den Seifenkisten. Und der Wind ist perfekt für Anfänger heute. Nicht zu lasch, nicht zu stark.
Im Wasser nur ein einziger Kitesurfer, der mit einem Affenzahn über die flach ausrollenden Wellen prescht. Doch von der Brücke habe ich sie gesehen: Ein Heer von Surfern nutzt die Gunst der Stunde im Ortsteil Böhl.
Irgendwann dringt die Kälte durch die Jacke, und ich mache mich auf den Weg zurück. Es ist Zeit für einen wärmenden Tee. Was jetzt noch fehlt würde, ist eine Sauna – so zwischen den Winterspaziergängen. Aber meine Zeit allein am Strand läuft ab.
Und ich freue mich auf den offiziellen Abholdienst: Die Familie rückt an. Denn das Gute ist, dass ich zu dieser Reise nicht weit fahren musste: Ich wohne ja auf der Halbinsel Eiderstedt.
Und weil es am Strand von Sankt Peter-Ording so schön ist, legen wir gleich den nächsten Boxenstopp im Ortsteil Ording ein. Laufen durch die Dünen zum Meer, das ich für zehn Minuten vermisst habe. Zu diesem Film gibt es keinen passenderen Soundtrack als das Chanson des Franzosen Charles Trenet: „La Mer“. Une chanson d’amour.
Text und Fotos: Elke Weiler
Hallo Elke,
einfach immer wieder nur schön, Deine Berichte von der Nordsee!
Herzlichen Gruß
Helmut
Danke, Helmut!! :-)
Wunderbar!