Genau hier ist die Idee entstanden, aus Düsseldorf wegzuziehen. In Sankt Peter. Am endlosen Strand. Wenn ich heute an der Wasserkante entlanglaufe, wird mir jedes Mal bewusst, warum ich es getan habe. Auch wenn mir vieles fehlt, der Rhein, die Rheinländer, das Bunte, die Offenheit, die Programmkinos, die Kunst. Jenes Sich-um-die-Welt-schlemmen.
Nun also Gummistiefel und Regenzeug. Schafe, Kühe, Hasen, Vögel. Hunde! Die Jahreszeiten in voller Schönheit. Und immer wieder das Meer. Die Freiheit in dieser Weite. Das ist stärker als alles andere.
Da ist doch nichts, würden einige sagen.
Genau das ist es.
Das Land ist flach, nur die Dünen und die Pfahlbauten erheben sich am Strand. An manchen Tagen ist jenes schmuddelige Beigegrau alles beherrschend, egal ob oben oder unten, alles verfließt, Himmel, Sand, Meer sind eins. Solche Tage können umwerfend schön sein. Wenn da Stille ist. Und dann kommen wieder der tosende Wind und die Flut, manchmal verschwindet der Megastrand ganz. Einmal im Jahr vielleicht.
Und die Pfahlbauten, die in jedem Winter den Stürmen trotzen, gehören zu Sankt Peter wie der Strandhafer zu den Dünen. Es begann vor 107 Jahren. „Giftbude“ nannte man den ersten Stelzenbau – abgeleitet vom plattdeutschen „geven“ für geben. „Dor gifft dat wat“: in dieser ersten Holzkonstruktion gab es etwas Gutes zu trinken.
Auf einer Sandbank wurde die Giftbude errichtet, und wer sie besuchen wollte, musste zunächst einen Priel durchqueren, je nach Wasserstand auch schwimmend. Nicht so hoch wie die heutigen Bauten und auch weniger stabil war die Konstruktion der Giftbude. So wurde sie irgendwann von einer Flut mitgerissen.
Als man die Pfahlbauten in der heute bekannten Form errichtete, setzte man auf Lärchenstämme. Die Plattform wuchs bis auf sieben Meter in die Höhe. Die Pfähle wurden dafür fünf Meter tief in den Sand gesetzt. Aktuell möblieren fünf Lokalitäten den Beach, hinzu kommen kleinere Konstruktionen für die Wasserrettung und Toilettenhäuser, alles auf Stelzen.
Der Wind pfeift durch die luftige Holzkonstruktion der Toiletten und durch die Ritzen kann man den Strand unter sich sehen. Nicht selten wünscht man sich, in so einem Stelzenbau zu wohnen. Bei Flut das Wasser rundherum, bei Sturm die aufspritzende Gischt.
Doch im Winter ist alles dicht, sämtliche 15 Pfahlbauten geschlossen, die Aufgänge verbarrikadiert. Einsamkeit über 4.000 Lärchenstämmen, die den Kräften der Natur trotzen. Alle 20 Jahre muss das Material ausgetauscht werden. Der Zahn der Zeit nagt vor allem in Form von Salzwasser.
Das Meer kommt immer näher.
Seit der letzten Eiszeit steigt der Meeresspiegel. Beschleunigt nun durch den Klimawandel. Jedes Jahr gehen sechs bis acht Meter Strand in Sankt Peter-Ording verloren, die Hochwasserlinie rückt näher. So bekommt etwa die „Strandbar 54“ in Ording immer häufige nasse Füße und wird bei Flut mitunter schwer unerreichbar.
Laut Tourismuszentrale soll etwa 200 Meter hinter der aktuellen Hochwasserlinie ein neues Mehrzweckgebäude entstehen. Darin ziehen die Wasserrettung und die Strandkorbvermietung ein, außerdem kann sich der Besucher hier über den Strand, Nationalpark und das Weltnaturerbe informieren. Bauzeit: April bis Oktober 2018. Wie es aussehen wird?
Das Schöne an den Pfahlbauten von Sankt Peter ist ja das Archaische.
Einfache Holzhütten, die mit der Zeit verwittern. Die ein bisschen wie trockengefallene Schiffe im Watt wirken. Leichtigkeit auf Stelzen. Wird die Architektur eines Mehrzweckgebäudes nicht zu wuchtig wirken? Jedenfalls bleibt es beim Stil und den bekannten Materialien wie Holz und Glas, nur eben als Staffelung mehrerer Hütten.
Die Häuser auf Stelzen sollen auch eine Photovoltaikanlage tragen. Darüber hinaus will man ein Podest mit Rampe für Rollstuhlfahrer und Familien mit Kinderwagen hinzufügen. Auf dem Podest soll es neben den Toiletten auch eine Ladestation für E-Rollis geben.
Die Küstenschützer, die den Strand regelmäßig vermessen, raten zur Verlegung sämtlicher Pfahlbauten. Seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts beobachten sie die Veränderungen, das Schrumpfen des Strands und das Anwachsen der Dünen.
In den nächsten vier Jahren soll es daher noch mehr Umzüge geben, vor allem die „Strandbar 54“ und das Wassersportzentrum in Ording werden 160 Meter nach hinten umziehen. Der „Arche Noah“ im Bad, Axels Strandhütte am Südstrand und der „Seekiste“ auf der Böhler Sandbank geht es zunächst noch nicht an den Kragen.
1977 wurde letztere ins Leben gerufen und im Winter 2006/7 erweitert. Seitdem können die Gäste auch auf einer Terrasse Platz nehmen, zur Hälfte überdacht und rundherum gegen den Wind verglast. Freie Plätze sind an einem sonnigen Tag am Wochenende Mangelware, zum Dinner empfiehlt sich eine Reservierung.
Auf unsere Begleitung auf vier, beziehungsweise Pfoten werden wir dann allerdings verzichten müssen: Hunde sind in der „Seekiste“ nur bis 17.30 Uhr zugelassen.
Die Speisekarte führt vom Eiderstedter Lammsteak über Kutterscholle bis zum Labskaus „wie vor 100 Jahren“ nach Originalrezept. Ein guter Tipp sind die Pfahlbauten von Sankt Peter-Ording auch für einen Sundowner, allerdings wird es im Sommer etwas später, bis die Sonne untergeht – man beachte die Öffnungszeiten!
Die Saison startet zu Ostern, und ich war zuletzt im Sommer in der „Seekiste“. Wir haben die ohnehin schon fantastische Aussicht in Böhl und das glitzernde Watt am Abend genossen. Nichts als Sand und Wasser, Wasser und Sand unter dem weiten Himmel. Egal, ob Dinner oder Absacker: Auf Stelzen ist der Sonnenuntergang am Meer noch mal so schön. Dor gifft dat wat!
Text und Fotos: Elke Weiler
Da läuft einem ja das Wasser im Munde zusammen. Und sogar ich als süddeutsches Greenhorn verstehe die plattdeutschen Namen :). Nur, was bitte sind „Klümp“ in der Bottermelksupp ? Danke für diesen schön zu lesenden Artikel.
Aber immer gerne ;-)
Und zu den „Klümp“: Das sind hier wohl Quarkklößchen – so steht’s auf der Karte. Schmeckt bestimmt auch gut…
Heidewitzka, das sieht ja mal absolut lecker aus…
Bin da auch schon mal im Watt spazieren gegangen, hab das Lokal aber irgendwie ausgelassen…schade eigentlich ;-)
Na, dann halt beim nächsten Mal… ;-)
Hach, Sankt-Peter-Ording, Kindheitserinnerungen. Dort waren wir früher oftmals in den Ferien. Pharisäer in der „Arche Noah“ bei Sturm und Hochwasser, herrlich. Vor wenigen Jahren waren mein Mann und ich wieder mal dort. Ich fand es sehr voll, sehr touristisch, aber am langen Strand verläuft sich das ja alles wieder. Und es gibt noch genügend „stille“ Fleckchen in den einzelnen Ortsteilen.
Liebe Grüße
Inge
Ja, liebe Inge, die gibt es wirklich! Und im Winter sowieso, heute waren wir fast allein am Strand, fast! Aber dafür haben die Pfahlbauten nicht geöffnet im Winter. Ansonsten, wenn man nicht gerade an Ostern, am Wochenende oder in den Sommerferien kommt, ist auch auch nett. Liebe Grüße und ein schönes Wochenende! Elke
Schön! Danke für’s Zeigen!
Ich war schon mal dort, die Pfahlbauten habe ich aber übersehen. Ich war so hingerissen vom Städtchen und dem herrlichen Tee.
Muss vielleicht nochmal hin.
Herzliche Grüße aus Nordjütland,
Meermond
Danke dir! Aber ein Städtchen gibt es ja weniger als vier Teile, also Ording, Bad, Dorf oder Böhl, da hat am ehesten noch Sankt Peter-Dorf niedliche Ortsstrukturen. ;-) Liebe Grüße ins wunderbare Nordjütland!
Bin ja ein ganz grosser Fan von St. Peter Ording und würde sooo gerne wieder am Strand spazieren gehen und die tolle Luft atmen, das ist schon meine 2. Heimat.
Da sind alle Sorgen und Nöte weg, wenn man da ist.
Hoffentlich ist das bald wieder möglich, dorthin zu reisen.