Warum ich Malmö mag

Ich muss wieder hin, zum Strand von Ribersborg. Nicht zum Schwimmen, dieses Mal. Nicht ins wunderbare Kaltbadehaus. Am Ufer leuchtet das Wasser türkis bis smaragdgrün, und ich könnte sofort wieder hineinspringen. Auch bei knapp 15 Grad im Mai, ein kurzes Vergnügen also.

Das Kaltbadehaus, die beste Erfindung, seit es Schwimmbäder gibt.

Dieses Mal schaue ich einfach in die Ferne. An meinem zweiten Tag in Malmö sieht man die Brücke nicht, sie ist im Dunst verschwunden. Dafür tuten die Schiffshörner umso lauter über den Öresund.

Wieder ist halb Malmö auf der grünen Wiese unterwegs: die jungen Mütter mit ihren Kinderwagen, Gassigeher, Hunde jeden Typs, Jogger, Radler, Walker, einfache Spaziergänger. Ich liebe diese Stelle zwischen Wasser und Stadt, den Blick zum Horizont. Ideal zum Lesen, Nachdenken, Picknicken. Oder einfach gepflegt abhängen auf den blauen Plastiken, die wie Fernrohre aufs Meer gerichtet sind.

Es ist der Platz, den man in Malmö „Turbinen“ nennt. Hunde dürfen sich hier ganzjährig ohne Leine austoben, wie mir der Einheimische Bodil erzählt. Und das funktioniert gut – gemeinsam mit den ganzen anderen Nutzern. Als ich so auf einem blauen Kreis sitze, kommt ein neugieriger kleiner Terrier angerannt, um mein Bein zu scannen. Doch Frauchen ruft ihn sofort wieder zurück, und Hundchen gehorcht.

Farväl till de sju haven

Was meiner Theorie entspricht: Der ausgeglichene Hund weiß um diese Freiheit, und sein Mensch bekommt das geschenkte Vertrauen doppelt zurück. Auf dem „Hundeplatsen“ in Malmö ganz offiziell praktizierbar. Auch die beiden Frauen mit Kinderwagen, die sich ein Stück weiter niedergelassen haben, kümmern freilaufende Hunde nicht.

Überall skandinavische Entspanntheit also? Ich turne ein bisschen auf den Skulpturen herum und erfahre später, dass diese „begehbare“ Kunst „Farväl till de sju haven“ heißt. Also ein „Auf Wiedersehen den sieben Meeren“ bedeutet. Es handelt sich um Ankerklüsen, also genau die Stellen am Schiffsbug, wo die Ankerkette durchläuft.

Eine Stadt im Wandel
Eine Stadt im Wandel

Das Ganze soll an die Zeiten erinnern, als die Malmöer Firma Kockums noch Schiffe baute. Das ehemalige Werftgelände breitet sich zu meiner Rechten aus, hier ist in den letzen Jahren der neue Stadtteil Västra Hamnen gewachsen, der sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat. Wohnen am Wasser, hübsch und ökologisch: Der Stadtteil holt sich, was er braucht, durch Wind- und Solarenergie sowie Wärmekopplung.

Im Slottsparken

Malmö hat sich gewandelt. Als Industriestadt am Öresund kannte ich es nicht, doch nun gefällt es mir ausgezeichnet. Die drittgrößte Stadt Schwedens hat sich erfolgreich in Richtung Wissenschaft und Forschung orientiert und am neuen Image in Sachen Nachhaltigkeit geschliffen. In diesem Sinne schwinge ich mich wieder aufs Rad, nehme den Fahrradweg zurück in die Altstadt.

Radweg zum Westhafen
Radweg zum Westhafen

Hätte ich mehr Zeit, würde ich einen Umweg in die Eco City Augustenborg machen und mir den angeblich größten Dachgarten der Welt anschauen. Sage und schreibe bepflanzte 9.500 Quadratmeter. Ich rede also nicht von einem Skypark wie in Singapur, der zwar einen Hektar Fläche in luftiger Höhe misst, aber vor allem aus Pools und Lokalen besteht.

Heute schaue ich mir ein anderes Grün an, ein bodenständiges, mitten in der Stadt: Slottsparken, eine Anlage aus dem späten 19. Jahrhundert. Es ist windstill, das flirrende Sonnenlicht in den Blättern der Bäume, weite Wiesen wie „Lördagsplanen“ – falls jemand am Samstag keinen Plan hat: picknicken. Hier. Die Vogelvielfalt mitten in der Stadt bewundern, Skulpturen wie den quasi durch die Luft fliegenden Pegasus bewundern.

Gestern Abend habe ich in der niedlichen Altstadt von Malmö gespeist, und zwar mit exzellenter Fischsuppe im „myteri“ auf der Skomakaregatan. Heute schaue ich ins historische „Kommandanthuset“ – gegenüber des ältesten noch erhaltenen Renaissanceschlosses von Skandinavien.

Salt & Brygga

Mit seinen rostroten flankierenden Rundbauten mutet das Schloss wie eine Verteidigungsanlage an. Richtig, es war mal eine Festung. Heute sind hier diverse Ausstellungen zu besichtigen. Im Kommandantenhaus, einst Pferdestall, findet sich der Raum für Fotografie, doch ich gehe gleich ins Café. Zu meiner Freude setzt man auch hier auf Bio und Fair Trade. Schon am Tag zuvor war ich diesbezüglich beim „Salt & Brygga“-Restaurant im Westhafen fündig geworden.

Zeit für einen Kaffee
Zeit für einen Kaffee

Es wird mein letzter Kaffee in Malmö. Bevor ich mich wieder in den Zug über die Öresundbrücke setze, werfe ich noch einen Blick auf die alten Fischerhütten in der Banérskajen gleich um die Ecke: „Fiskehoddorna“.

Schon im Mittelalter war die Heringsfischerei für Malmö so wichtig wie für die ganze Küste der Region Skåne. Heute sind die bunten Holzhütten Teil der Malmöer Museen, doch der frische wie geräucherte Fisch wird weiter fleißig vor Ort gekauft.

Ohne Fisch verlasse ich die Stadt. Aber immerhin mit Schokolade und Lakritz aus Malmö im Gepäck. Und dem Wunsch wiederzukehren. Möglichst bald. Nicht nur zum Baden.

Fiskehoddorna
Fiskehoddorna

Text und Fotos: Elke Weiler

20 thoughts on “Warum ich Malmö mag

  1. Sag ich doch: schon Lust bekommen! Die kleinen grün-blauen Häuser kommen mir bekannt vor. Wollte ich nicht in eines einziehen? Übrigens mag ich „begehbare Kunst“ ja sehr. Alles, was sich in der Öffentlichkeit abspielt und zum Innehalten einlädt. Vor allem, wenn es nicht so „künstlerisch abgehoben“ daherkommt, sondern Otto-Normalo wie mich mit einbezieht. Einfach so. Malmö ist definitiv einladend!

  2. Hej Elke, schöne Bilder und Gedanken zu Malmö! Ich hatte die Stadt nach ihren Veränderungen zum ersten Mal im Sommer 2012 wiedergesehen und war sehr positiv überrascht, vor allem über das, was sich in Västra hamnen getan hat. Im Sommer 2014 haben wir die Stadt deshalb noch einmal besucht. Dabei fiel uns dann aber auf, dass der Zahn der Zeit schon wieder an dem neuen Viertel rund um Turning Torso nagt. Besonders die Häuser ganz vorn am Meer, lassen schon den Einfluss der salzigen Luft erkennen. Auch die Wasserkanäle, welche zwischen den Häusern angelegt wurden, funktionieren offenbar nicht, wie gedacht. Das Wasser steht an vielen Stellen und kippt dann bei wärmeren Wetter um. Viel mehr genossen haben wir den Besuch im Technischen Museum, das auch eine Vision von der zukünftigen Stadtentwicklung zeigt. Das Museum ist sehr anschaulich und besucherfreundlich gestaltet – wie man es eben von schwedischen Museen kennt. Und ein U-Boot kann man auch nicht alle Tage von innen sehen. Für mich ein Muss, wenn man mit Kindern in Malmö unterwegs ist. Das Kaltbadehaus natürlich auch :) Blau-gelbe Grüße!

    1. Danke, Michael, das freut mich sehr! Salzige Luft betrachte ich eher als Luxus (auch wenn ich schon seit fünf Jahren am Meer lebe), und in Västra hamnen würde ich ziemlich gerne wohnen, auch wenn es neu und nicht perfekt sein sollte. Wobei ich einen enormen Vorteil in der Nachhaltigkeit des Viertels sehe. Und mit Blick auf den Öresund und die Brücke zu wohnen – perfekter geht’s eigentlich nicht. Zumal Ribersborg als hundefreundlicher Strand vor der Haustür liegt. :-) Liebe Grüße zurück!

  3. Hej igen, Elke. Ich kann Deine „Wahl“ verstehen. Dennoch würde ich als Malmöer an den Wochenenden wahrscheinlich lieber zu meinem Sommerhäuschen auf Falsterbo fahren. Also noch lieber, als morgens in Ribersborg am Strand entlang zu schlendern und bei Sonnenuntergang von Ön aus die Ö-Brücke zu bestaunen. Die Strände an Schwedens Zipfel und die friedlichen Siedlungskarrees mit den Gärten, Veranden und Rhododendren sind ein kleines Paradies. Und vielleicht würde ich anfangen, in Skanör Golf zu spielen … Wie auch immer. Viel Spaß auf Deinen weiteren Reisen!

    1. Danke, Michael! Falsterbro kenne ich noch nicht, es sieht toll aus! Außerdem würde ich mir Österlen gerne mal anschauen… Wenn du Tipps hast, immer her damit. :-) Liebe Grüße von der Nordsee!

  4. Ich gerate gerade wieder ins Träumen! 2003 durfte ich im gerade neu entstandenen und sich weiter entwickelnden Västra Hamnen für einige Monate wohnen…um die Ecke das Meer, abends bis zum Sonnenuntergang mit einem leckeren Kaffee und einem Buch auf der Holzpromenade sitzen und immer wieder den Blick über den Öresund schweifen lassen. Aus meinem Fenster zusehen, wie Stockwerk um Stockwerd der Turning Torso in den Himmel wuchs. Morgens erst am Meer entlang, dann durch den Slottsparken und an der Oper vorbei ins Büro radeln. Und am Wochenende die Stadt und ihre Umgebung erkunden. Eine wunderschöne Zeit.
    Ich hatte das Glück, seitdem immer mal wieder zurück zu kommen und vor zwei Jahren konnte ich sogar meinen beiden kleinen Kindern diesen Ort zeigen.
    Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein.
    Danke für den schönen Artikel über meine Herzensstadt,
    LG, Andrea

    1. Danke, Andrea, das klingt ja echt super! Wer weiß, vielleicht habt ihr ja irgendwann wieder die Gelegenheit, dorthin zu ziehen! Mir würde das auch sehr gefallen. Ich war überrascht von der Vielseitigkeit der Stadt und freue mich schon auf den Sommer, wenn ich wieder dort sein werde… Liebe Grüße, Elke

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