Sommer in Kopenhagen

Kopenhagen mit Kuchen

Wir hatten eine Wohnung in Kopenhagen. Nur für ein paar Tage, volle, wunderbare Tage. Vibekevang ist eine Arbeitersiedlung aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts, frei übersetzt der Flur von Wiebke. Er zählt heute zum Stadtteil Østerbro, knapp an der Grenze zum angesagten Nørrebro. Und Vibekevang ist beliebt mit seinem Vintageflair, den Vorgärten und grünen Innenhöfen, die zur gemeinschaftlichen Nutzung offen stehen.

So meint Søren jedenfalls, unser Vermieter. Er bildet einen festen Bestandteil dieses Ambientes und zusammen mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern eine Kopenhagener Vorzeigefamilie. Jung, locker, gebildet. „Wir haben die Küche gesehen und wollten die Wohnung“, erzählt Søren und mir kommt das irgendwie bekannt vor.

Dann bringt er die Putzaktion noch zu Ende und verabschiedet sich in die Sommerferien. Wir dürfen einziehen. Und wir sind happy, so als Kopenhagener auf Zeit. Fühlen uns gleich wie zu Hause, das mag auch an der großen Küche liegen. Søren hat uns erzählt, dass der Vormieter, ein Schreiner, die Zeile fabriziert und dabei auch historische Elemente verbaut hat.

Die Familie musste nur noch einen modernen Gasherd einfügen. Der Rest hat Raum, sieht man vom Bad ab, und vor allem sehr viel skandinavischen Chic. Die riesige Küche als Mittelpunkt der Wohnung schreit geradezu nach Gästen. Während Søren für seine Familie schon nach etwas Größerem Ausschau hält, träume ich von einer Übernahme.

Leben in Vibekevang

Wir steigen hinab in den Keller: Das Schlafzimmer ist der Clou. Wie in einer weißgetünchten Höhle auf der griechischen Insel Santorini fühlen wir uns dort. Unsere Tage und Nächte sind ruhig in Vibekevang, wir schlafen wie auf Wolken. Nur die Sache mit den Fahrrädern haut dieses Mal nicht hin.

In Kopenhagen muss man eigentlich aufs Rad steigen, um sich von A nach B zu bewegen. Keine Stadt, die ich kenne, ist dermaßen gut auf große Mengen von Radfahrern eingerichtet wie die dänische Hauptstadt. Fast ist es uns peinlich, als wir am Nachmittag unserer Ankunft mit dem Auto nach Amager zum Strand fahren. Und ungewohnt ist es auch, so bewegen wir uns langsam und übervorsichtig – wegen des Rädergewusels.

Strandgeschichten

Es ist heiß an jenem Sonntag, und wer noch nicht in den Ferien ist, trifft sich am Øresund. Familien mit Kindern, Freunde, Singles. Es gibt sogar einen Hundestrand. Und ein Stückchen südlicher wird es exotisch mit orientalischen Klängen, auf den Grills brutzeln Kardamom und Cumin gewürzte Genüsse.

Copenhagen for 2

An allen Strandabschnitten picknicken und grillen sie, was das Zeug hält. Ein lauer Sommerabend, perfekt fürs Dinner am Strand. Wir scheinen die Einzigen zu sein, die nach dem Schwimmen ewig nach einem Strandcafé Ausschau halten. Doch am Ende werden wir fündig und speisen mit Blick aufs Wasser. Die magische Brücke im Hintergrund.

Hallo Malmö!

Wir schauen den dicken Pötten hinterher, die sich hin und wieder die Meerenge zwischen Dänemark und Schweden entlang schieben. Und auf morgen freuen wir uns schon, denn zu einem Besuch am Øresund gehört der Seitenwechsel. Malmö! Wir nehmen den Zug über meine Lieblingsbrücke. Treffen uns am Lilla Torg in der Altstadt mit Freunden, die gerade in Südschweden urlauben.

Wir statten der „Pâtisserie David“ auf der Östergatan einen Besuch ab, probieren uns quer durch das Sortiment. Gehen ein bisschen shoppen in Gamla Staden. Und dann nach Ribersborg zum Strand, um den Öresund auch von hier aus zu bebaden. Und zwar neben meinem Lieblingskaltbadehaus, das mir an diesem Tag zu warm wäre. Wir müssen feststellen: Der Öresund fühlt sich auf schwedischer Seite wärmer und grüner an.

Vorbei an den Horden unermüdlich Strandgymnastik treibender Schweden finden wir ein Strandlokal und genießen „Plank Menü“ mit Lachs, Gemüse und einem Kranz aus Kartoffelpüree. Zum Nachtisch? Natürlich Softeis! Am Strand ist immer noch einiges los, als wir einen letzten Blick auf Strand, Kaltbadehaus und Turning Torso werfen und den Heimweg antreten.

In unsere Hood Vibekevang. Über eine Stunde dauert es von Bahnhof in Malmö mit den Öffentlichen. Morgen leihen wir uns endlich Räder! Søren hatte uns das nahe „Buddha Bikes“ empfohlen, doch dort reparieren und verkaufen sie zwar, verleihen aber keine Räder mehr. Nach dem Frühstück in unserem neuen Lieblingscafé, das auch skandinavisches Design verkauft, laufen wir ein Stück die Haraldsgade entlang und finden schon bald den nächsten Fahrradladen.

Noch ein Smushi

Endlich fest im Sattel. Wir steuern durch Nørrebro in Richtung Altstadt, den Runden Turm als Ziel vor Augen. Wir hatten ihm im Winter schon einmal einen Besuch abgestattet – dieses Mal suchen wir dort etwas anderes. Und zwar folgen wir einem Tipp, der uns zu frischen Erbsen in der Tüte führen soll.

Partytag

Angeblich ein beliebter Snack im dänischen Sommer. Leider scheinen die Erbsen nun eher am Strand als am Turm verkauft zu werden, daher steuern wir das „Royal Café“ am Amagertorv an. Immer wieder ein Wahnsinn, dieser Kuchen! Und erst das Smushi! Vom Erfinder der Kreuzung zwischen Smørrebrød und Sushi haben wir übrigens mal ein Meerschwein mit blauen Punkten ergattert. Extrem lobenswert, in dieser Richtung als Künstler zu arbeiten, denn

Meerschweinchen kommen in der internationalen Kunstgeschichte defintiv zu kurz.

Leider müssen wir für den Rest des Tages spontan umdisponieren, denn der Kopilot stolpert über sein rasantes Bremsverhalten und legt sich zum Entsetzen der Passanten auf die Straße. Ein Arm ist nach dem Manöver nur noch eingeschränkt einsatzfähig, so dass wir die Räder zurückbringen und auf andere Verkehrsmittel ausweichen müssen.

Klein, aber oho.

Die Kleine Meerjungfer, die immer noch ruhig und fast unscheinbar hinter dem Kastell am Wasser hockt, erreichen wir mit der S-Bahn und nach einem guten Stück Fußweg. Doch dann? Wir wollen auf jeden Fall nach Papirøen, denn die ehemalige Paperfabrik-Insel ist heute einer der lebendigsten Orte von ganz Kopenhagen. Eine Partylocation am Wasser mit wahren Streetfoodschätzen.

Butterfly Bridge

„Taxi!“, ruft der Kopilot spontan, und wir ergattern tatsächlich eine Rikscha. Sitzen wie die Kinder in Cargobikes ganz brav vorne auf der Bank, unfähig zu weiteren Sperenzchen. Unser Taxiradfahrer hält Papirøen für eine sehr gute Wahl. Und wir freuen uns, dass die neue Butterfly Bridge, eine dreiarmige Brücke für Fußgänger und Radfahrer, inzwischen fertig ist.

Butterfly Bridge
Butterfly Bridge

Allerdings wird sie gerade für einen Segler hochgeklappt, und die ausgehfreudigen Kopenhagener stauen sich zu beiden Seiten. Ein lauer Sommerabend auf Papirøen. Kreativ-Hotdog mit Bratkartoffeln, koreanisches Japchae aus Süßkartoffeln mit Gemüse, flambierte Donuts mit Eis. Wir könnten uns quer über den Globus futtern. Dazu pralle Klänge aus den Boxen, und wir tanzen.

Später treffen wir auf Rikschafahrerin Ann, die nach den Zeiten als vierfache Mutter noch mal durchgestartet ist. Zurück an die Uni sowie an die frische Luft zum Geldverdienen. Egal, was die Anderen denken. Sie wirkt zufrieden mit sich und der Welt, während wir den Fahrtwind im Gesicht spüren und wünschten, es ginge immer so weiter.

Text und Fotos: Elke Weiler

P.S.: Gegen den Kater am nächsten Tag half viel Kaffee, ein leckeres Frühstück und eine Sonnenbrille.

Frühstück im Designcafeen
Frühstück im Designcafeen

Mehr Øresund oder Öresund muss sein. Vielleicht im nächsten Leben.

11 thoughts on “Sommer in Kopenhagen

    1. Danke dir!! Am besten ist schwierig. Die Kopenhagener, weil sie keine ultracoolen Städter sind, und einfach alles mit dem Rad machen. Weil die Autofahrer rücksichtsvoll fahren. Weil Kopenhagen Strände hat. Und weil ich den Öresund mag. Weil Kopenhagen Malmö hat. :-) Ich liebe Grenzregionen. Da sieht man am besten, wie überflüssig Grenzen sind, und gleichzeitig ist es schön, auf der „anderen“ Seite etwas anderes zu finden. Dieses Mal gefiel mir unsere Wohnung am besten. Und Papirøen!

  1. Wunderschöne Geschichte! Ich finde es toll, dass Du so viele „andere“ Seiten von Kopenhagen zeigst. Ich war leider nur ein Wochenende dort und hab beim Kurzurlaub die Highlights erkundet. War aber auch schön! Besonders nett fand ich den Nyhavn: Einfach mit einem Eis oder Bier auf die Kaimauer setzen und dem bunten Treiben zuschauen :)

    1. Danke, liebe Brigitte! Das freut mich sehr. Nyhavn mag ich auch immer wieder gerne. Hast du eine Bootstour gemacht? Ich würde gerne mal mit dem Kanu herumfahren… :-)

  2. Moin Elke,

    herzlichen Glückwunsch nachträglich.
    Das klingt auf alle Fälle nach einem Geburtstag, der auch meinem Geschmack entspricht. Immer irgendwo am Meer unterwegs. ;-)

    Liebe Grüße,
    Claudia

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