Sommerliebe

Lange schlafen war gestern. Sommer ist, wenn du mit den Hühnern ins Bett gehst und bei der Nachtlektüre gleich einschläfst, egal wie gut sie ist. Zu viel frische Luft! Ihr frühstückt selbst am Wochenende schon um 8 Uhr morgens draußen, während ein Trecker vorbei rattert. Die Hunde linsen hoffnungsvoll auf den gedeckten Tisch und haben zwei Minuten später die Möglichkeit, sich zu profilieren. Aus ihrer Sicht zumindest.

Ein paar Kühe traben gemächlich vorbei. Der Bauer grüßt, obwohl die Hunde die Kühe bestimmt nervös machen. Eigentlich kennen sich alle ganz gut, da Janni für seine Kühe auf der anderen Seite des Grabens gerne eine gut choreografierte Sunset-Show hinlegt. Eine willkommene Abwechslung im ruhigen Sommer auf den Fennen – Kino für Kühe sozusagen.

Doch auf der Straße müssen die Kühe sich konzentrieren, und da kommen zwei wildgewordene Hundfeger nicht gerade wie gerufen. Als vor einigen Wochen noch eine Herde Schafe vorbeizog, verloren sich ein paar davon, und wir waren damit beschäftigt, verkehrsberuhigte Zonen für die Zurückgebliebenen einzurichten. Einige fanden sich kurzzeitig in unserem Garten ein, zogen dann aber leider weiter. Dabei hätten wir zu diesem Zeitpunkt einen Rasenmäher gebrauchen können.

Heute ist die Aufregung anderer Art: Unsere erste Zucchini-Blüte öffnet sich in voller Schönheit, und ich überlege, ob man sie frittieren sollte wie in Italien. Oder ob das daran hängende Zucchino-Baby wohl darunter leiden würde. Der Mann, der zwischenzeitlich voll in der Gartenarbeit aufgegangen und tendenziell mit etwas Erde dekoriert anzutreffen ist, weist mich auf die erste Gurkenblüte hin.

Natürlich will ich Twitter nicht mit derlei Erfolgsmeldungen überschwemmen. Nur eine. Und ziehe mir dadurch gleich eine optimale Beratung in Sachen Zucchini-Blüten an Lande – geradewegs aus Italien. Was viel schöner als Googeln ist. Also die männlichen Blüten frittieren, die ohne Frucht. Oder die weiblichen, wenn die Frucht schon gut entwickelt ist. Mille grazie, Claudia, und Winkewinke nach Apulien!

Habe ich eigentlich schon von dem köstlichsten Rhabarber-Crumble der Welt erzählt? Vom Knacken der frisch geernteten Stangen beim Entfernen der Blätter, von Duft des Rhabarbers beim Putzen? Von den ersten Erdbeeren, die zwar aromatisch und süß, aber auch einen Tick wässerig sind. Möglicherweise gießt der Gärtner sie! Und dann sind da noch Johannisbeeren, Himbeeren, Blaubeeren und Sauerkirchen im Entstehen.

Selbst die Äpfel und Quitten sind bereits auf einem guten Weg, weil der Mai extra sonnig und warm war. Täglich essen wir Salat aus dem Garten, den besten Salat der Welt, versteht sich. Auch dass wir sämtliche Mahlzeiten im Sommer draußen einnehmen, ist logisch. Der Esstisch drinnen dient nurmehr als Ablage und müsste mal entstaubt werden.

Der Duft der Holunderblüten strömt allerorten durch die Luft, und der frischgeborene Supergärtner hat bereits Sirup angesetzt. Ich würde, neben dem Backen des Crumbles, ständig nur in der Hängematte liegen, die zwischen zwei Bäumen baumelt. Wenn ich nicht arbeiten müsste, viel arbeiten sollte. Und das bei dem Wetter!

Eigentlich will man doch nur noch dem Kuckuck und seinen Backgroundsängern zuhören, die unermüdlich ihr Bestes geben. Barfuß übers Gras laufen. Mit Höllengeschwindigkeit vorbeisausenden Libellen hinterher schauen. Stundenlang Hummeln und Wildbienen beobachten, die sich auf bunte Wiesenblumen stürzen. Immerhin gehe ich jeden Tag zu meiner Lieblingsbadestelle schwimmen, die Flut kommt gerade günstig für ein Päuschen.

Dann schaue ich mir die im kleinen Hafen liegenden Boote von schräg unten an und überlege, welches ich adoptieren würde. Den kleinen Kutter vielleicht, er wirkt etwas einsam verglichen mit den Segelbooten, obschon die Netze ganz ordentlich über der Reling hängen. Eigentlich bin ich nur glücklich. Im Wasser überkommt mich immer dieses Gefühl der Schwerelosigkeit. Und die leise Ahnung, dass ich in einem früheren Leben ein Fisch war.

Das wilde Landleben findet im Sommer eindeutig seinen Höhepunkt und die Berechtigung für den Rest des Jahres. Sagte ich bereits, dass die Rosen blühen?

Text und Foto: Elke Weiler

Weitere Teile der Landei-Kolumne: So ging mein Weg zum perfekten Landei. Und so fühlen sich Frühling, Herbst und Winter in Nordfriesland an.

7 thoughts on “Sommerliebe

  1. Buongiorno Elke,
    es stimmt, im Sommer macht das Landleben am meisten Spaß. Die eigenen Zucchini schmecken besonders gut und wenn die Gurke die erste Blüte zeigt, gibt es in Kürze auch die erste krumme Frucht zu bewundern. Nur Salat haben wir keinen mehr im Garten, der fühlt sich bei uns nur vom Herbst bis zum Frühjahr wohl :) Arbeite nicht zu viel und genieße die schöne Jahreszeit!

    Liebe Grüße aus Apulien,
    Claudia

  2. Neid soll ja keine gute Eigenschaft sein ……. aber ich kann nicht anders. Ich bin neidisch, denn ich muss vor 3 Wochen wieder zurück ins Rheinland. SCHRECKLICH !!!
    Mir fehlt Eiderstedt und die oben beschriebene Erfahrung will ich auch machen.
    Bitte weiter solche Texte, Bilder usw.
    Danke
    Anja

  3. Dein Blog macht wirklich Lust auf Meer! Auch wenn ich den Norden schon häufig besucht habe, gibt es noch 1000 Ecken in Ländern wo ich noch nicht war. Danke für die Eindrücke und Inspiration.

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